Die Gewerbesteuer soll 2023 erstmals die Marke von einer Milliarde Euro erreichen. Foto: imago images/Sascha Steinach

In diesem Jahr sollen Firmen erstmals einen zehnstelligen Betrag in die Stadtkasse einzahlen. Damit entspannt sich die Finanzlage trotz vieler Mehrausgaben vorerst.

Die Landeshauptstadt startet mit einer finanzpolitischen Frohbotschaft in die Nachcoronajahre. 2023 soll die Gewerbesteuer um mehr als 50 Prozent über der bisherigen Erwartung liegen und damit erstmals die Marke von einer Milliarde Euro erreichen. Der Bestwert datiert aus dem Jahr 2017, damals flossen 773 Millionen Euro in die Stadtkasse. Über die neue Entwicklung wird Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) an diesem Mittwoch den Verwaltungsausschuss des Gemeinderates informieren.

Vor 14 Monaten wurde noch mit Kredit gerechnet

Stuttgart hatte für dieses Jahr damit gerechnet, erstmals seit wieder 2018 Kredite aufnehmen zu müssen. Fuhrmann hatte noch vor 14 Monaten zur Verabschiedung des Doppelhaushalts 2022/2023 mit einem Bedarf von 418 Millionen Euro an neuen Schulden geplant. Da sich die Liquidität verbessert, soll die Nullverschuldung zumindest in diesem Jahr gehalten werden können. Das ordentliche Ergebnis soll sich 2023 um 146 Millionen auf minus 82 Millionen Euro verbessern. Kritisch entwickelt sich der Finanzbedarf wohl vor allem bei der Unterbringung Geflüchteter (113 Millionen Euro zusätzlich), im Sozialbereich (plus 43 Millionen) und beim Klinikum Stuttgart, bei dem die Stadt einen Horrorverlust von voraussichtlich 42,7 Millionen Euro ausgleichen muss. 50 Millionen Euro gehen als neues Eigenkapital aus der Stadtkasse an die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG).

Wie sieht der Abschluss 2022 aus?

Womöglich hat die Landeshauptstadt bereits 2022 bei der Gewerbesteuer die Milliardengrenze erreicht. Der neue Ansatz für 2023 werde auf der Grundlage des voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommens 2022 gebildet, heißt es in einer Verwaltungsvorlage an die Bürgervertreter. 2022 war diese Einnahmeposition im Nachtragsplan Anfang Oktober von 650 auf 770 Millionen Euro nach oben gesetzt worden. Auf Nachfrage wollte Fuhrmann vor wenigen Tagen für das vergangene Jahr noch keine Aussage zur absoluten Höhe machen. Die Stadtkämmerei rechne noch und müsse mögliche Rückerstattungen berücksichtigen beziehungsweise abklären, so sein Vorbehalt.

Im Tiefstapeln bewandert

Stuttgarts Finanzbürgermeister sind im Tiefstapeln besonders bewandert, allerdings steht die Stadt auch vor erheblichen Investitionen. So verstärkt Fuhrmann seine Unkerufe. Bis 2026 könnte eine Nettoneuverschuldung von 1,3 Milliarden Euro nötig werden. Der Finanzbürgermeister nennt als Ursachen das Klimaneutralitätsziel 2035, die Entwicklung des Stadtteils Rosenstein (Stuttgart 21), die Sanierung des Staatstheaters, den Ausbau des Nahverkehrs und die Umsetzung der Rechtsansprüche auf Kinderbetreuung in Tagesstätten und Grundschulen. Er rät, „finanziellen Mehrbedarf für freiwillige Maßnahmen auf ein Mindestmaß zu beschränken“.