Der Arzt Matthias Leschke. Foto:  

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind oft chronisch und haben schwere Folgen, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden.

Esslingen - Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland und verursachen laut Robert-Koch-Institut insgesamt etwa 40 Prozent aller Sterbefälle. „Allerdings ist das Wort Herz-Kreislauf-Erkrankungen gar kein richtiger medizinischer Begriff“, sagt Matthias Leschke, Chefarzt der Abteilung für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am Klinikum Esslingen. Denn das Feld ist weit, es reicht von Blutdruckschwankungen, verbunden mit Schwindel, Luftnot oder Herzrasen über Herz-Rhythmus-Störungen und Vorhofflimmern bis hin zur Kollapsneigung und zum Herzinfarkt. Meist werden unter dem Begriff Herz-Kreislauf-Erkrankungen des Herzens und der Blutgefäße zusammengefasst. Dabei handelt es sich in der Regel um chronische Erkrankungen, die schwere Folgen haben können, wenn sie nicht konsequent behandelt werden.

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Auch wenn das Spektrum breit ist - es sind einige wenige Krankheitsbilder, die den größten Anteil daran ausmachen. Der Bluthochdruck etwa ist die mit Abstand häufigste Herz-Kreislauf-Erkrankung. Etwa 20 Prozent aller Erwachsenen sind laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMF) davon betroffen. Im Alter liegt die Quote deutlich höher. Die Nummer zwei unter den Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist laut BMF die koronare Herz-Erkrankung – eine von mehreren Erscheinungsformen der „Arterienverkalkung“ oder Atherosklerose. Über drei Millionen Menschen in Deutschland sind davon betroffen. Etwa zwei Millionen Deutsche leiden an chronischen Herzbeschwerden oder Herzinsuffizienz, einer Erkrankung, bei der die Pumpleistung des Herzens immer weiter nachlässt.

Die Ursachen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind vielfältig. Stress kann eine Rolle spielen, aber auch gewisse Risikofaktoren. Die wichtigsten beeinflussbaren oder vermeidbaren Risikofaktoren sind Rauchen, hohe Cholesterinwerte, Zuckerkrankheit (Altersdiabetes, Diabetes mellitus Typ 2), Bluthochdruck, Übergewicht, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und psychosoziale Stressfaktoren. „Rauchen zum Beispiel begünstigt Atherosklerose und führt unweigerlich zu Gefäßveränderungen, oft beginnt das an den Extremitäten wie den Beinen“, erklärt Leschke. Hierbei habe aber jeder gute Chancen, sein persönliches Risiko einzudämmen: „Wenn man es geschafft hat, fünf Jahre lang nicht zu rauchen, ist das Infarktrisiko gleich Null“, so der Professor – an der Gefahr an Lungenkrebs zu erkranken, ändere sich hingegen nichts. Und auch wenn Menschen mit Typ-2-Diabetes – in Deutschland sind etwa 8 bis 10 Millionen Menschen davon betroffen – eine erbliche Veranlagung für die chronische Stoffwechselkrankheit haben, können Betroffene etwas tun. „Die Zahl der Diabetiker nimmt seit Jahren zu.

Ein Grund dafür ist, dass die Leute immer dicker werden. Zu wenig Bewegung und ungesunde Ernährung – das ist ein Riesenthema“, bestätigt Leschke. Zudem ist seinem Empfinden nach das Gesundheitsbewusstsein der Menschen in Zeiten der Pandemie nicht unbedingt besser geworden. Dabei würde es sich lohnen frühzeitig gegenzusteuern, damit die Veranlagung vielleicht erst gar nicht hervorbricht: Ein Diabetiker hat laut Matthias Leschke ein zweieinhalb mal so großes Herzinfarktrisiko wie ein Nichtdiabetiker.

Neben den beeinflussbaren oder vermeidbaren Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gibt es aber auch einige Dinge, auf die man wenig oder bis gar keinen Einfluss hat. Dazu zählen beispielsweise das Alter, eine familiäre Veranlagung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, eine familiär bedingte Erhöhung der Cholesterinwerte oder Diabetes mellitus Typ I. „Am häufigsten ist hier sicherlich die genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung, also zu hohe Cholesterinwerte“, sagt Leschke. Hier ist es wichtig, dass die Krankheit möglichst früh erkannt wird. Wenn nicht, erhöht sich das Infarktrisiko gewaltig – denn in Folge bilden sich Ablagerungen an den Arterien und es entwickelt sich eine Atherosklerose. Gibt es eine positive Familienanamnese – sprich, nahe Verwandte leiden an zu hohen Cholesterinwerten oder es kamen bereits häufiger Infarkte vor – sollte man gewarnt sein. „Zu hohe Cholesterinwerte sind gut behandelbar, es ist vor allen Dingen Aufgabe der Hausärzte hier rechtzeitig zu agieren“, meint der Chefarzt.

Fazit: Vereint ein Mensch einige dieser Risikofaktoren, erkrankt er mit hoher Wahrscheinlichkeit im Laufe seines Lebens an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. „Die Zusammenhänge sind oft sehr komplex, meist ist es ein ungünstiges Zusammenspiel mehrerer Risikofaktoren“, sagt Leschke. Genauso kann es aber auch passieren, dass jemand immer gesund gelebt hat und trotzdem erkrankt: „Bei 10 bis 15 Prozent der Infarktpatienten fragt man sich, warum eigentlich“, sagt Leschke – dann liegen oft auch externe psychosomatische Stressfaktoren dem Zusammenbruch zugrunde.