Der Kardiologe Matthias Leschke und seine Kolleginnen und Kollegen entscheiden von Fall zu Fall, welcher Eingriff am sinnvollsten ist. Foto: Klinikum Esslingen

Die Behandlung von Herzerkrankungen hat sich stetig verfeinert. Der Kardiologe Matthias Leschke vom Klinikum Esslingen gibt einen Überblick.

Esslingen - In der Öffentlichkeit erfahren zwar Erkrankungen wie Krebs die größte Aufmerksamkeit. Dabei sind es Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Herzinsuffizienz, koronare Herzerkrankung und Herzinfarkt, die zu den häufigsten Krankheiten zählen und in Deutschland an erster Stelle der Todesursachen stehen. Unter den Herzerkrankungen sind Erkrankungen der Klappen und der Herzkranzgefäße die häufigsten. In diesem Bereich hat sich viel getan, es gibt einige Innovationen was Ersatz, Rekonstruktion und OP-Verfahren betrifft.

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Herzklappen häufig betroffen

Eine der häufigsten Diagnosen hat mit den Herzklappen zu tun. Diese sorgen als eine Art Rückschlagventil dafür, dass das Blut in nur eine Richtung und nicht wieder zurückfließt. Klappen können von Verengungen – Stenosen – betroffen sein oder von Insuffizienzen, das heißt, sie schließen nicht mehr dicht. In beiden Fällen leidet das Herz: Zurückfließendes Blut, das sich in einer Herzkammer sammelt, kann Gerinnsel bilden. Eine Stenose zwingt das Herz zu stärkerem Pumpen, wodurch es erweitert und geschwächt wird. Die Defekte können durch Rekonstruktionen repariert werden oder die kaputte Klappe wird durch eine neue – mechanische oder biologische – ersetzt.

„Eine defekte Klappe kann sich durch Luftnot, Schwindel oder Schmerzen im Brustkorb bemerkbar machen“, sagt Matthias Leschke, der Chefarzt der Abteilung Innere Medizin, Kardiologie, Pneumologie und Intensivmedizin am Klinikum Esslingen. Kardiologen und Herzchirurgen suchen dann gemeinsam nach der besten Lösung: Kommt eine Rekonstruktion der Klappe, eine große Herz-OP oder ein minimalinvasiver Eingriff in Betracht? „Oft ist es günstiger, eine defekte Klappe zu rekonstruieren, statt sie zu ersetzen“, sagt Leschke. So wird die Mitralklappe repariert, indem die Ärzte einen Clip oder einen Ring daran befestigen. Die Technik sorgt dafür, dass die Klappe besser schließt und das Blut das Herz wieder gut durchströmen kann. Ein Katheter transportiert das Hilfsmittel über die Leistenvene zum Zielort an der linken Herzkammer.

Große Herz-OPs werden häufig vermieden

Reicht das nicht, steht ein Klappenersatz an. Das kann in einer großen Operation geschehen, bei der der Brustkorb geöffnet, das Herz stillgelegt und eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen wird, die den Blutkreislauf zirkulieren lässt. „Heute können wir vielen Patienten die OP am offenen Herzen ersparen“, sagt der Kardiologe Leschke. Vor allem älteren Patienten, für die ein solcher Eingriff ein großes Risiko darstellt, werde die minimalinvasive Klappenoperation angeboten. Ein Verfahren aus diesem Jahrhundert ist die sogenannte Transkatheter-Aortenklappen-Implantation, abgekürzt TAVI. Dabei wird die stark zusammengefaltete Ersatzklappe auf einen Katheter aufgesetzt. Der wird in die Leistenarterie eingeführt und zum Herzen geschoben. An der richtigen Stelle angekommen wird die Hülle über der Ersatzklappe zurückgezogen, das Implantat entfaltet sich, drückt dabei die defekte Klappe zur Seite und übernimmt deren Funktion. Der Eingriff dauert eine bis zwei Stunden. Er findet stets in einem sogenannten Hybrid-Operationssaal statt, wo auch ein Herzchirurg bereitsteht. „Die Ergebnisse der kathetergesteuerten Eingriffe sind vergleichbar mit denen der großen OPs“, erklärt Leschke.

Oft kommen Stents zum Einsatz

Neben defekten und undichten Klappen behandeln Kardiologen Verengungen in den Klappen und den Herzkranzgefäßen. Früher war die Bypass-Operation das klassische Verfahren – ein Eingriff am offenen Herzen. Heutzutage wird vielfach mittels eines Katheters ein Ballon eingeführt, der die verengte Stelle dehnt. Ein Stent – ein feines Metallgerüst – wird abgesetzt, der die Dehnung stabil hält und einen ungehinderten Blutfluss ermöglicht. Stents lassen sich jedoch nicht unbegrenzt einsetzen. Manchmal ist auch die Engstelle per Katheter nicht zu erreichen. Bei der OP mit geöffneten Brustkorb kann sowohl am stillgelegten als auch am pochenden Herzen operiert werden. Der Arzt verwendet eine Beinvene oder eine Armarterie, die dann den Bypass, den Umweg, am Herzen bildet.

Das Prozedere kann auch minimalinvasiv erfolgen, zum Beispiel, wenn nur die linke vordere Koronararterie einen Bypass benötigt. Ein kleiner Schnitt unterhalb der linken Brust reicht dann aus, um die Engstelle mit einem neuen Gefäß zu umgehen. Über Kameras sieht der Operateur in das Innere und die Engstelle. Der Bypass wird am schlagenden Herzen gelegt.

Gefährliche Herzrhythmusstörungen

Auch gestörte Herzrhythmen, die zu gefährlichem Vorhofflimmern führen können, erfordern ein Eingreifen. Leschke verweist auf die Cox-Maze-Prozedur, bei der leichte Schnitte um die Lungenvenenmündungen gezogen werden. Diese Narben lenken die fehlgesteuerten elektrischen Impulse, die die Rhythmusstörungen verursachen, ab, sodass der natürliche Herzschlagrhythmus dominieren kann. Gewebe im gestörten Bereich kann auch verödet werden – in einer sogenannten Ablation.

Alle diese Operationen können auch in Kombination durchgeführt werden. Klappen werden ersetzt, wenn ein Bypass gelegt wird, Stenosen geweitet werden. „Unser Bestreben ist es, wenn möglich, ein minimal-invasives Verfahren anzuwenden“, sagt Leschke.