Das Stuttgarter Prinzenpaar, Prinzessin Sarah Maria I. und Prinz Jörg II, haben in nächster Zeit viel zu tun. Foto: Gesellschaft Möbelwagen 1897

Wer sich für Adel interessiert, muss nicht mehr ins Ausland gucken. Denn seit dem 6. Januar hat auch Stuttgart einen Stadtprinzen und eine Stadtprinzessin. Wer sind Sarah Maria I. und Prinz Jörg II.? Und wie kamen die beiden zu ihrer Aufgabe?

Prinzen und Prinzessinnen aus dem Märchen tragen edle Gewänder und leben in alten Schlössern. Prinzen und Prinzessinnen aus der Realität feiern gelegentlich große Hochzeiten, die in Echtzeit im Fernsehen übertragen und von einem Millionenpublikum verfolgt werden. Auch Stuttgart kann mit einem reellen Prinzenpaar aufwarten: Die Stuttgarter Karnevalsgesellschaft Möbelwagen stellt seit 1901 den offiziellen Stuttgarter Stadtprinzen. 1949 wurde zum ersten Mal auch eine Stadtprinzessin gekürt. Seitdem gibt es während der 13. Jahreszeit ein Stadtprinzenpaar. Anfang Januar wurden Prinzessin Sarah Maria I. und Prinz Jörg II., offiziell von OB Frank Nopper inthronisiert. Nun reisen die beiden durch Baden-Württemberg, singen, tanzen und verbreiten gute Laune.

Politiker, Bademeister, Schlagersänger – und Prinz

Sarah Maria I., eigentlich Sarah Maria Ligas, stammt aus Engstingen am Rand der Schwäbischen Alb. Inzwischen lebt die Event- und Hochzeitssängerin mit ihrer Familie aber in Reutlingen. Auch Prinz Jörg II. stammt nicht aus Stuttgart. Der Pforzheimer ist in seiner Heimatstadt als Stadtrat Jörg Augenstein bekannt. Doch der 53-jährige ist zugleich auch Schlagersänger, Bademeister und Schiedsrichter. Bevor er sich 2017 für eine Karriere als Sänger entschied, war er im Textileinzelhandel selbstständig.

Dass das Stadtprinzenpaar nicht aus Stuttgart kommt, ist laut Thomas Klingenberg, dem Präsidenten der Gesellschaft Möbelwagen, egal. „Wir zeigen, dass wir gut aufgestellt sind mit unserem Paar und ganz Baden-Württemberg dadurch repräsentiert wird“, sagt Klingenberg.

Foto: Gesellschaft Möbelwagen 1897 e.V.

Als seine Hauptaufgabe sieht das Stadtprinzenpaar vor allem das Verbreiten von guter Laune. Dafür habe sie den perfekten Partner, sagt Ligas: „Er ist einfach ein Gute-Laune-Mensch, es fühlt sich alles so leicht an. Ich bin die Prinzessin und mein Prinz trägt mich so ein bisschen durch die Kampagne.“ Beide stehen bis Aschermittwoch auf etlichen Bühnen des Landes und begleiten musikalisch das närrische Treiben. Aus Sicht von Augenstein ist das eine ganz besondere Aufgabe: „Wenn man sich in die Historie der Gesellschaft rein liest, sieht man auch, welchen Stellenwert das Ganze hat und wo man eigentlich Prinz und Prinzessin ist.“ Die Gesellschaft Möbelwagen ist die älteste in Württemberg.

Aufmerksam wurde die Gesellschaft auf die beiden bei Auftritten. Mitte vorigen Jahres habe sich die Gesellschaft schließlich mit ihnen in Verbindung gesetzt und sie gefragt, ob sie Stadtprinzenpaar werden wollen. In Frage gekommen wären sie in erster Linie wegen ihren musikalischen Fähigkeiten und ihrem Auftreten.

„Einmal im Leben Prinzessin sein, wer sagt da nicht ja?“

Als Jörg Augenstein den Anruf erhielt, hatte er nur eine Frage: „Ihr wisst aber schon, dass Pforzheim badisch ist und nicht schwäbisch?“ Und er musste erst eine Nacht darüber schlafen, bevor er zusagte. Auch Sarah Maria Ligas bat um einige Tage Bedenkzeit, besprach sich mit ihrer Familie und dachte sich dann: „Warum eigentlich nicht?“ Sie sagte noch am selben Abend zu, denn: „Einmal im Leben Prinzessin sein, wer sagt da nicht ja?“

In ihrem direkten Umfeld und auch in Engstingen sei die Freude groß: „Leute rufen ständig bei meiner Mutter an und gratulieren. Sie sind ganz fasziniert davon, dass die kleine Engstingenerin nach Stuttgart kommt.“ Etwas schwieriger ist es für Augenstein, der als Politiker eine gewisse Sachlichkeit und Ernsthaftigkeit an den Tag legen muss. „Das ist nicht zu vergleichen mit Fasching. Fasching ist Leben pur“, sagt Augenstein. Er wünsche sich aber oft mehr Spaß und gute Laune bei Gemeinderatssitzungen.

Spaß haben und Negatives vergessen

Gerade in Zeiten, in denen schlechte Ereignisse zu dominieren scheinen, sei die Bedeutung des Faschingsfestes wichtig. Man freue sich, positive Energie auszuschütten und schöne Tage miteinander zu verbringen, ohne an Negatives denken zu müssen. Das hieße nicht, dass man Probleme ignoriere. „Es ist ein ganz tolles Gefühl dazu beitragen zu können, dass sich die Menschen für eine gewisse Zeit über etwas freuen“, sagt Ligas. Und Thomas Klingenberg ergänzt: „Unser Verein hat zwei Kriege überlebt und musste für eine Zeit auch ruhen, aber der Spaß war immer da, und das ist ganz wichtig.“