Die Holzkirche aus dem Jahr 1896 steht heute im Freilichtmuseum Stuttgart in Arkansas Foto: Stadtarchiv Filderstadt

Der Pfarrer Adam Bürkle aus Filderstadt-Plattenhardt hat im Jahr 1878 die Stadt Stuttgart gegründet. Sie liegt im US-Bundesstaat Arkansas.

Filderstadt/Stuttgart - Stuttgart ist gar nicht so einzigartig, wie viele Bewohner der Landeshauptstadt denken. In den USA gibt es gleich zwei Kopien. Eine Stadt im Herzen des US-Bundesstaats Arkansas trägt den gleichen Namen, unterscheidet sich aber vom Original deutlich. Sie gilt als die Welthauptstadt des Reises und der Entenjagd, „Rice and Duck Capital of the World“.

Zumindest wirbt das kleine Nest mit 9300 Einwohnern inmitten der „Großen Prärie“ vollmundig mit diesen Attributen. Das touristische Highlight der Ortschaft, zwölf Kilometer von Ulm entfernt, sind Entenjagd-Meisterschaften. Weniger werbewirksam, aber zumindest für Schwaben historisch hochinteressant ist die Tatsache, dass dieses Stuttgart 1878 von dem Auswanderer Adam Bürkle aus Plattenhardt gegründet wurde.

Bürkle arbeitete als Lehrergehilfe

Am 25. Januar 1825 wurde Adam Bürkle als viertes Kind des Schmieds Johann Georg Bürkle und seiner Frau Anna Barbara geboren. Filderstadts Stadtarchivar Nikolaus Back hat sich ausführlich mit der Geschichte des evangelischen Pfarrers befasst, der vor 125 Jahren gestorben ist. Demnach wuchs Adam Bürkle in bescheidenen Verhältnissen auf, war aber ein begabter Schüler, der als „Lehrergehilfe“ sein Brot verdiente.

Seine „lobenswerte Stille, seine Ruhe, Fleiß und das Lehrergeschick“ wurden 1846 lobend erwähnt. Offenbar hatte er noch andere „Talente“, denn der vorwurfsvolle Ton des Evangelischen Konsistoriums bei seiner Versetzung 1848 klingt nach Verfehlung. Von „nachdrücklichen Ermahnungen zu einem durchaus vorwurfsfreien Verhalten und zu angestrengtem Eifer in seinem Berufe“ ist da die Rede. Über die genauen Gründe wurde der Mantel des Schweigens ausgebreitet. Nikolaus Back vermutet, dass die Versetzung damit zusammenhängt, dass die Plattenhardterin Barbara Roth von Bürkle schwanger war und 1848 eine Tochter zur Welt brachte.

„Nach Amerika entwichen“

Vier Jahre später vermerkt das Plattenhardter Kirchenbuch, dass Bürkle zusammen mit Barbara Roth und der gemeinsamen Tochter Caroline „nach Amerika entwichen“ ist. Dort war er zeitweilig im Lancaster County, Pennsylvania, in Lansing, Michigan und in Woodville in Ohio als evangelischer Geistlicher tätig.

Sein Traum war aber eine Kolonie zu errichten und eine neue Synode seiner Kirche zu gründen. Also beschloss Bürkle mit 53 Jahren, alles auf eine Karte zu setzen und noch mal ganz neu anzufangen. Die unbewohnten Ländereien in der Prärie von Arkansas erschienen ihm ideal für sein Vorhaben. 1877 fand er ein geeignetes Gelände und kaufte bei Gum Pond eine ehemalige, 7750 Morgen große Plantage für rund drei Dollar pro Morgen.

Ort brauchte einen Namen

1878 startete Adam Bürkle mit insgesamt 65 Personen, darunter 17 Pfarrer von Ohio nach Arkansas. Der gesamte Hausrat, einschließlich Vieh und Pferden wurde in sechs Eisenbahn-Waggons verfrachtet, nach Gum Pond, das die Keimzelle des heutigen Stuttgart werden sollte. Gum Pond bedeutet Gummi-Teich und kommt von den massiven Gummibäumen, die am Ufer eines Teiches wuchsen. 15 Hütten und Blockhäuser befanden sich auf der ehemaligen, von Sklaven bewirtschafteten Plantage. Bürkle richtete 1880 ein Postamt in seinem Haus ein und nahm seine Tätigkeit als Postmeister auf. Nun musste der Ort einen Namen haben. In Erinnerung an die alte Heimat, erhielt er den Namen Stuttgart.

Als 1882 eine Eisenbahntrasse durch das Gebiet gebaut wurde, führte diese nicht an Bürkles Postamt am Gum Pond vorbei. Er besaß jedoch Grundstücke, die an die geplante Bahnlinie angrenzten. Darauf baute er eine kleine Hütte als Postamt und nagelte ein Schild mit dem Schriftzug „Stuttgart“ darauf. Auf diese Weise wurde das amerikanische Stuttgart in seiner heutigen Lage gegründet. Dort entwickelte sich das neue Stadtzentrum, das zwei Meilen südlich von Bürkles Haus liegt. Der Stadtgründer starb nach längerer Krankheit am 13. August 1896.

„Stuttgart boomte“

Bereits 1884 sei Stuttgart zur Stadt erhoben worden, so der Stadtarchivar, allerdings wollte die „verschlafene staubige Ansiedlung weder wachsen noch florieren“, sagen die Quellen. Thomas Leslie, der 1887 nach Stuttgart gekommen war, kümmerte sich schließlich um die Entwicklung der Stadt.

Zu seinen Verdiensten zählt die erste Bank im Verwaltungsbezirk, die Eisenbahnlinie nach Gillett, ein Geschäftsviertel in Down Town, ein Schulhaus und ein College. Außerdem nahm er eine Pferde-Omnibus-Linie in Betrieb. 1904 wurde das erste kommerzielle Reisfeld angelegt: „Stuttgart boomte“. Der bedeutendste Wirtschaftszweig des heutigen Stuttgarts ist die Lagerung, Verpackung und Veredelung von Reis und Soja.