Der Germanist Henning Lobin (Foto) wirft der sogenannten „Neuen Rechten“ vor, die deutsche Sprache zu instrumentalisieren, etwa im Kampf gegen „politische Korrektheit. Foto: epd/Fotostudio T.W. Klein

Rechtspopulisten verfolgten politische Ziele, wenn sie „politische Korrektheit“ und „Gendersprache bekämpfen, sagt der Sprachwissenschaftlicher Henning Lobin.

Mannheim - Der Sprachwissenschaftler Henning Lobin wirft der sogenannten „Neuen Rechten“ vor, die deutsche Sprache für ihre Zwecke zu missbrauchen. Mit ihrem Kampf etwa gegen „politische Korrektheit“ oder geschlechtergerechte Sprache versuche diese politische Strömung gezielt, das gemäßigte Bürgertum und kulturaffine Schichten zu gewinnen, sagt er. Lobin ist Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache und Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Mannheim. „Eine neurechte Agenda wird durch Sprachpolitik wie mit einem trojanischen Pferd weit in die Mitte der Gesellschaft hineingeführt“, erklärt er in seinem Buch „Sprachkampf, das im Dudenverlag erscheint.

Die „Neue Rechte“ stützte sich vor allem auf den Begriff einer „kulturellen Identität“. Ihren Einsatz zum vermeintlichen Schutz der deutschen Sprache nutze sie als „Scharnierthema“ für allgemeinpolitische Anliegen. „Daher ist das öffentliche Reden über Sprache nicht einfach nur ein Reden über Sprache“, sagt Lobin. „Das scheinbar weltfremde Feuilleton-Thema ist zum Schlachtfeld für Schaukämpfe geworden, in denen viel umfassendere politische Ziele ausgefochten werden.“

Dahinter steckt eine politische Agenda

Denn den Akteuren gehe es nicht lediglich um die Sprache als solche, sondern um das, was durch sie ausgedrückt werde, erklärt Lobin. So verberge sich hinter der Forderung, Deutsch als Landessprache im Grundgesetz zu verankern, die Vorstellung kultureller Dominanz, und die Ablehnung einer „Gendersprache“ stehe für eine traditionelle Vorstellung von Familie und Gesellschaft allgemein.

Der von der Neuen Rechten geschürte Sprachkampf sei in Wahrheit der eigentliche Angriff auf die deutsche Sprache, betont Lobin. Denn bewusste Verstöße gegen vorgebliche Regeln „politischer Korrektheit“ führten oft direkt zu einer Verrohung der Sprache, wie sie gerade in den ersten Monaten nach dem Einzug der AfD im Deutschen Bundestag zu verzeichnen gewesen sei. Keine andere in Parlamenten vertretene Partei verknüpfe ihre Programmatik so eng mit Sprachpolitik wie die AfD.

Die Sprache gehört allen

Der 56-jährige Direktor des Mannheimer Instituts spricht von einer „sehr problematischen Entwicklung“. Denn eine identitäre Aufladung und Politisierung von Sprache verhindere den notwendigen, nüchternen Diskurs über diese etwa in der Bildung oder mit Blick auf Minderheiten. „Das Deutsche gehört nicht der Nation oder einzelnen Gruppen, sondern Erst-, Zweit- und Fremdsprachlern in ihrer ganzen Vielfalt“, unterstreicht Lobin. „Sie alle hauchen der Sprache wortwörtlich Leben ein und bewirken ihre ständige Anpassung an eine sich wandelnde Gesellschaft.“

Das Buch

Henning Lobins Buch „Sprachkampf – wie die Neue Rechte die deutsche Sprache instrumentalisiert“ erscheint am 15, März im Dudenverlag