Die Baufläche in dem Gerlinger Gebiet muss größer werden. Im Gegenzug verringert sich die Grünfläche. Steht jetzt das Konzept „100 Prozent regeneratives Quartier“ auf der Kippe?
Die bebaubare Fläche im künftigen Neubaugebiet Bruhweg II muss größer werden als ursprünglich geplant. Hintergrund sind die zu hohen Erschließungskosten pro Quadratmeter Baugrundstücksfläche, die sich aus dem bisherigen städtebaulichen Entwurf ergeben würden. Im Umkehrschluss heißt das: Das Neubaugebiet wird nun auch weniger grün.
Das Stadtbauamt Gerlingen hatte in den vergangenen Monaten die voraussichtlichen Erschließungskosten für das Neubaugebiet Bruhweg II durchkalkuliert. Das Ergebnis: „Die Kalkulation hat gezeigt, dass die Erschließungskosten pro Quadratmeter Baugrundstücksfläche zu hoch sind.“
Durch die zu hohen Erschließungskosten sei „die Privatnützigkeit der Umlegung“ gefährdet, erklärte der Leiter des Gerlinger Stadtbauamts, Thomas Günther, vor dem Gemeinderat. Durch die nun beschlossene Vergrößerung der Bauflächen sinken rechnerisch die Kosten für die Erschließung der Baugrundstücke pro Quadratmeter und damit auch die Kosten pro Quadratmeter für künftige Wohneigentümer. Gleichzeitig wird es attraktiver für heutige Grundstücksbesitzer, dem Umlegungsverfahren zuzustimmen, weil durch die Baugrundstücksvergrößerung der Wert ihrer jeweiligen Zuteilungen steigt.
Naherholungsgebiet für alle Bürger
Um die Erschließungskosten weiter zu senken, hat der Gemeinderat zudem beschlossen, dass die Stadt die Kosten für die umfangreiche Erstellung der Freianlagen im Bruhweg II nicht voll den Erschließungskosten zurechnet, sondern zwei Drittel selbst übernimmt. Als Argument für die Kostenübernahme durch die öffentliche Hand dient die Vorstellung, dass die Grünanlagen im Bruhweg II künftig auch den Gerlingern zur Naherholung zur Verfügung steht, die gar nicht im Baugebiet wohnen.
In Zahlen heißt der Schritt nun: Die Baulandfläche im Bruhweg II vergrößert sich von ursprünglich geplanten 6,8 auf jetzt 7,3 Hektar. Die Größe der Grünfläche verringert sich im Gegenzug von 3,1 auf 2,7 Hektar. Gleichzeitig steigen jedoch auch die errechneten Kosten für die Erstellung der Freianlagen baupreisbedingt von 5,35 Millionen auf aktuell 6,61 Millionen Euro.
Stadtrat Manuel Reichert (Junge Gerlinger) wies darauf hin, dass dies bedeute, dass jetzt „rund zehn Prozent weniger Grünflächen knapp 25 Prozent höhere Kosten“ gegenüberstehen. Jürgen Fritz (SPD) warnte vor einer „weiteren Versiegelung“ des Projekts. Björn Maier von den Grünen sprach von einer „Verwässerung des schönen Entwurfs“.
Wie klimafreundlich bleibt das Projekt?
Aus der Vergrößerung der Baugrundstücksfläche ergeben sich zudem Probleme beim Naturausgleich. Bislang sollten die Ausgleichsflächen im Baugebiet selbst erbracht werden. Das dürfte nun schwierig werden. Als Lösung könnten zum Beispiel Ackerflächen außerhalb des Neubaugebiets in extensiv genutzte Wiesenfläche umgewandelt werden. Zudem bestünde die Möglichkeit, so die Stadt, die PV-Anlagegrößen auf den Dächern der künftigen Gebäude im Bruhweg II zugunsten von extensiver Dachbegrünung zu verringern. Dies stünde jedoch der bisherigen Festlegung entgegen, dass das Neubaugebiet zu einem „klimafreundlichen und 100 Prozent regenerativen Quartier“ entwickelt werden soll.