Sein Hund Ludwig begleitet Tobias Haußmann bei seiner Arbeit im Wald. Foto: Sandra Belschner

Tobias Haußmann ist der neue Förster in Filderstadt. Warum hat sich der 27-Jährige für diese einsame Arbeit entschieden? Eine Runde durch den Wald.

Ein kleines grünes Männlein, das mit der Flinte über der Schulter und dem Dachshund an der Leine stundenlang durchs Unterholz stapft – das Bild des Försters mag in der Vorstellung vieler ein wenig eingestaubt sein. Der neue Chef im Filderstädter Wald bricht das Klischee, denn Tobias Haußmann ist gerade einmal 27 Jahre alt – und seit Oktober der neue Förster im Revier Filderstadt-Aichtal. Auf den Fildern lässt sich damit beobachten, was gerade in der gesamten Branche passiert: Unter Försterinnen und Förstern findet ein Generationenwechsel statt. Das beobachtet auch der Bund Deutscher Forstleute.

Tobias Haußmann tritt in die Fußstapfen von Eckard Hellstern, der 43 Jahre lang das Forstrevier Filderstadt leitete und sich vergangenen Herbst in den Ruhestand verabschiedete. Frisch aus dem Studium trägt Haußmann jetzt plötzlich Verantwortung für eine Waldfläche, die etwa so groß ist wie 800 Fußballfelder. In diese Aufgabe müsse man reinwachsen, sagt der junge Mann, aber er freue sich, viel mitgestalten zu können. Um von seinem Vorgänger zu lernen, habe er schon im vergangenen Sommer angefangen, zusammen mit Eckard Hellstern im Wald zu arbeiten, doch „43 Jahre Wissen und Erfahrungen lassen sich natürlich nicht in ein paar Wochen aufholen“.

Schreibtischarbeit und Polizeieinsätze

Wenn man Tobias Haußmann bei seiner Arbeit beobachtet, kommt man nicht auf die Idee, dass der 27-Jährige eigentlich aus Winterbach im Rems-Murr-Kreis kommt und der Filderstädter Wald für ihn ein Fremder war. Routiniert lenkt der das Forstauto über die Waldwege, die Scheiben nach unten gelassen, immer ein freundliches „Grüß Gott“ für Fußgänger und Jogger am Wegesrand parat. Sein Ziel: Der Bärensee, sein Lieblingsplatz im 830 Hektar großen Wald. Bei einer Runde auf dem Hauweg will er erzählen, was ihn zu diesem Beruf gebracht hat und was gemacht werden muss, damit der Wald für die Folgen des Klimawandels gewappnet ist. Doch dann kreuzt plötzlich ein Polizeiauto den Weg.

Am Bärensee wurden Wild-Angler entdeckt. In letzter Zeit passiere das immer mal wieder. Haußmann hat Glück, die Polizei fuhr zufällig Streife und hat die Angler entdeckt. Ansonsten wäre es auch die Arbeit des jungen Försters gewesen, Anzeige zu erstatten. Ein kurzes „ade“ und die Fahrt geht weiter. Eigentlich beschreibe diese Situation seinen Arbeitsalltag ziemlich gut, sagt Haußmann, denn im Wald gebe es immer etwas Neues. Mal muss ein Baum entfernt werden, der einen Weg versperrt, mal muss der Baumbestand überprüft werden. Manchmal wartet aber auch etwas Schreibtischarbeit auf den Naturverbundenen. „Im Moment mache er die Planung für das Jahr 2026. „Das heißt, wir legen fest in welchen Beständen Holz eingeschlagen wird. Wir müssen kalkulieren, wie viel Holz man rausholt, wie hoch der Gewinn ist und wie viel die Maßnahmen kosten“, erzählt Haußmann und zeigt nach vorne auf eine Eiche: „Dort zum Beispiel sieht man schon die Schäden in der Baumkrone. Wenn ich da jetzt zu viel raushole, verträgt der Bestand das nicht und kippt.“ Haußmanns Lieblingsbäume sind – entgegen des Försterklischees – nicht etwa die Weißtanne, sondern die Kirsche und die Elsbeere, weil er das Holz mag und wie die Bäume im Frühjahr blühen.

In seinen ersten Monaten im Filderstädter Wald hat der 27-Jährige schon viel gesehen – vor allem viel aus der Tierwelt. Auch Wildschweinen sei er während seiner Arbeit schon begegnet, „aber die rennen immer gleich weg“, erzählt Haußmann und lacht. Das Skurrilste, das er bislang gesehen hat, hat aber nichts mit Flora und Fauna zu tun: Vor ein paar Wochen entdeckte er bei einem Rundgang Bestandteile eines kompletten Badezimmers, das jemand zwischen den Bäumen entsorgt hat. „Müll ist ein riesengroßes Problem. Je weiter man sich der Stadt nähert, desto größer wird es“, ärgert sich der Förster.

Dass Haußmann sein Glück im Wald fand, hat er seiner ehemaligen Lehrerin zu verdanken. Denn ein Berufstest schlug ihm eigentlich vor, Tankwart zu werden. Das konnte sich der Naturliebhaber aber genauso wenig vorstellen, wie den ganzen Tag im Büro zu sitzen. „Du bist doch gerne viel draußen und hantierst viel mit Sägen, schau dir den Försterberuf doch mal an“, riet ihm die Lehrerin. Gesagt, getan. Es folgte die Ausbildung zum Forstwirt und das Studium der Forstwissenschaften in Rottenburg – die Arbeit im Wald lief immer nebenbei. Förster sei definitiv der Beruf, den er bis zur Rente machen will, da ist sich Tobias Haußmann sicher. Doch die Tätigkeit sei nicht für jedermann geeignet: „Man ist sehr viel allein, da muss man gut mit sich selbst zurecht kommen.“ Ganz allein ist der 27-Jährige allerdings nie: Mit dabei ist immer Ludwig, sein vierbeiniger Begleiter. Die Jagd gehört übrigens nicht zu Haußmanns Aufgaben: „Wir Förster im Kommunalwald jagen nicht. Wir sind sozusagen nur vom Landkreis ausgeliehen, um uns um den Wald zu kümmern.“

Maßnahmen um den Wald für den Klimawandel zu wappnen

Und welche Herausforderungen kommen auf den jungen Förster in Zukunft zu? „Der Klimawandel ist definitiv ein Problem“, sagt er, „Aber Wald stirbt nicht aus, Wald gibt es immer. Die Frage ist, ob wir ihn nutzen können und ob er noch unserer Vorstellung von Wald entspricht.“ Die Bäume würden sich immer durchsetzen, sagt Haußmann. Um sein Revier auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten, greift der Förster auf verschiedene Maßnahmen zurück. Beispielsweise versuche er, die Eichenbestände in Mischwäldern auszubauen, weil man bei Eichen weiß, dass sie mit trockenem Klima besser zurecht kommen. Außerdem lasse man die Bäume nicht mehr so hoch wachsen wie früher, damit sie das ohnehin schon wenige Wasser nicht zu hoch pumpen müssen.

Privatwald als Herausforderung

Erben ohne Wissen
 Etwa die Hälfte des deutschen Waldes ist in Besitz von Privatleuten. Darunter sind viele Erben mit wenig oder keinem Vorwissen. Doch gerade auf sie wird es ankommen, wenn Wälder den Klimawandel überstehen sollen.

Experten
 Försterinnen und Förster wie Tobias Haußmann dürfen in der Regel in diese Wälder erst eingreifen, wenn Gefahr besteht. In Filderstadt sei der Anteil an Privatwald allerdings sehr gering, sagt Haußmann.