Stuttgart soll auf dem Weg zur Klimaneutralität einen großen Schritt machen. Jetzt wird geprüft, das Ziel von 2050 auf 2035 vorzuziehen.
Stuttgart - Die Landeshauptstadt will die rote Laterne, die sie mit ihrem Zieljahr 2050 für das Erreichen der Klimaneutralität trägt, abgeben. Bund und Land haben mit 2045 und 2040 ambitioniertere Ziele formuliert, teils geschah das auch auf Druck eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts.
Am Donnerstag hat der Gemeinderat mit einer klaren Mehrheit gegen neun Stimmen der AfD (vier) und aus dem linken Lager beschlossen, bei dem Thema auf die Überholspur zu wechseln. Die AfD befürchtet eine „Geisterfahrt“ und propagierte Kernenergie als Lösung gegen zunehmende Erderwärmung. Das Linksbündnis mit Sprecher Hannes Rockenbauch forderte eine Verschärfung auf 2030 und die Teilnahme an einem entsprechenden EU-Projekt. Die Puls-Fraktion wollte das Jahr 2035 schon jetzt als verbindlich festschreiben. Christoph Ozasek appellierte dazu an OB Frank Nopper (CDU).
McKinsey soll Maßnahmen nennen
Das Jahr 2035 wird nun angestrebt, dazu läuft ein Prüfauftrag für ein Maßnahmenpaket, welches die Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen McKinsey schnüren will. Die endgültige Entscheidung über die Maßnahmen soll vor der Sommerpause fallen, zuvor werden sie dem Bürgerrat Klima vorgestellt werden. Fixiert werden sollen konkrete Umsetzungsschritten und Zwischenziele, die Maßnahmen sollen jeweils ein Preisschild tragen.
Sprecher Andreas Winter stellte für die Grünen fest, dass die Ökofraktion 2035 nicht in Frage stelle. Man sehe dieses Jahr als Verbindlich an. Es gehe um verbindliche Zwischenziele und darum, in der Bürgerschaft das Engagement für dieses Ziel zu wecken. Dazu müsse man Kampagnen starten.
CDU-Fraktionschef Alexander Kotz sprach sich in der rund dreistündiger Generaldebatte, die vor der Halle von Protesten von Klimaschützern begleitet wurde, für „absolute Technologieoffenheit“ aus. In Richtung von Grünen und Linksbündnis warnte Kotz davor, „Mobilität jenseits des Fahrrades abschaffen zu wollen“. Kotz lobte das von Nopper vorgeschlagene zweistufige Verfahren. Im Sommer werde man sehen, ob man 2035 erreichen könne.
Nopper: 2030 nicht zu schaffen
„2035 muss unser Anspruch sein“, man dürfe nicht schon Erklärungen suchen, „warum das nicht klappt“, warnte Lucia Schanbacher für die SPD-Fraktion. Ein Schlüssel zur Umsetzung seien Wärmenetze in Stadtquartieren. Konrad Zaiß von den Freien Wählern warnte bei diesem Thema vor einer Überforderung der Stadtwerke. Stuttgart müsse den Streit mit der EnBW – die das Fernwärmenetz besitzt – beenden.
„Wir haben keine Zeit mehr und sind bei 2035 dabei“, sagte FDP-Fraktionschef Matthias Oechsner, und ergänzte in Richtung CDU: „Wir brauchen eine echte Mobilitäts-, nicht nur eine Antriebswende“. Das Jahr 2030 sei „nicht zu schaffen, schon 2035 ist höchst sportlich“, räumte Nopper ein. Der Fahrplan werde „ambitioniert und praxisnah sein“, versprach Daniel Rexhausen von McKinsey. Beim Kohlendioxidausstoß müsse „die Nettonull erreicht werden, die Hebel dazu sind bekannt“. Man stehe vor einer Mammutaufgabe, bekannte Jan Kohlmeyer, der Leiter der Stabsstelle Klimaschutz. Man können abbremsen und eine Zukunft schaffen, für die nicht die nächsten Generationen zahlen müssten, so Leo Staritzbichler vom Jugendrat. Auch der pochte auf 2035.