Esslingen ist eine Stadt in Bewegung: Neben konkreten Projekten will auch die Zukunft geplant sein. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Zwei Tage lang ging der Esslinger Gemeinderat mit der Stadtverwaltung in Klausur, um den Kurs der künftigen Kommunalpolitik abzustecken.

EsslingenDie Esslinger Kommunalpolitik steht vor großen Herausforderungen: Rückläufige Steuereinnahmen wirbeln die Haushaltsplanung durcheinander, in der Schullandschaft gibt es weiterhin Handlungsbedarf, die Modernisierung der Stadtbücherei eröffnet große Chancen, die es durch kluge Planung zu nutzen gilt, und auch beim Klimaschutz hat die Stadt noch viel zu tun. Am Wochenende gingen Gemeinderat und Verwaltung zwei Tage lang in Bad Boll in Klausur, um im stillen Kämmerlein grundsätzliche Weichen für die Zukunft zu stellen. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Stadt neue Schulden aufnehmen, Projekte zeitlich strecken und Immobilien verkaufen muss, um die Finanzen im Lot zu halten, ohne Zukunftsprojekte aufzugeben.

Visionen für Esslingen

OB Jürgen Zieger stellte die Überlegungen für einen „Stadtkompass ES 2027“ vor. Ein Projektteam aus 13 städtischen Geschäftsführern und Amtsleitern hatte vor dem Hintergrund globaler Veränderungsprozesse die wichtigsten Zukunftsthemen skizziert, Zusammenhänge verdeutlicht und erste Lösungsmöglichkeiten für eine gelungene Stadtentwicklung formuliert. Das Papier wird am 11. November im Gemeinderat vorgestellt.

Finanzen in Esslingen

Angesichts stark rückläufiger Gewerbesteuereinnahmen musste die Stadt ihren Entwurf für den Doppelhaushalt 2020/2021 und die mittelfristige Finanzplanung komplett überarbeiten – erst im Januar 2020 wird das Zahlenwerk vorgestellt. „Bei den bisherigen Hochrechnungen wäre es zu einer Neuverschuldung von 160 Millionen Euro in fünf Jahren gekommen“, unterstrich OB Jürgen Zieger den Ernst der Lage. Die Neuverschuldung solle mittelfristig „auf das absolut notwendige Maß in Höhe von 60 Millionen Euro beschränkt werden“. Ziel sei es, „im Sinne einer nachhaltigen Finanzwirtschaft das ambitionierte Investitionsprogramm in den nächsten Jahren zu ermöglichen und trotzdem einen gesetzmäßigen Haushalt vorzulegen“.

Finanzbürgermeister Ingo Rust setzt auf „Mehreinnahmen, die Präzisierung von Kosten- und Zeitplänen für Großprojekte, zeitliche Streckungen und Verschiebungen von Investitionen sowie Kürzungen und Streichungen von geplanten oder angedachten Vorhaben“. Neben einer höheren Grundsteuer ist der Verkauf von Immobilien ein Thema. Gedacht wird etwa an das Landesdenkmalamts-Gebäude und die Villa Schmückle, die das Land erwerben will. Verkauft werden sollen auch die Gebäude Küferstraße 13/1 und Kupfergasse 6, die als Standort für einen Bücherei-Neubau gekauft worden waren und nach dem Bürgerentscheid für den Bebenhäuser Pfleghof „nicht mehr benötigt werden“. Kosten- und Zeitpläne zur Sanierung der Schulen und zur Modernisierung und Erweiterung der Stadtbücherei im Pfleghof sollen „präzisiert“ werden, um den Doppelhaushalt zu entlasten.

Verschiebungen soll es etwa beim Kauf von Feuerwehrfahrzeugen, der Sanierung des Merkelschen Bads und der Osterfeldhalle geben. Die Realisierung des Neckaruferparks wird über mehrere Jahre gestreckt. Die Instandsetzung der Adenauer-Brücke und Sanierungsarbeiten im Bereich Maille, Kiesstraße und Wehrneckar sollen um ein Jahr verschoben werden. Nicht rütteln will die Verwaltung an beschlossenen Projekten wie dem Neubau der Grundschule Zell, dem Neubau der Pulverwiesenbrücke, dem Neubau der Schleyer-Brücke, dem Neubau der Feuerwache Wäldenbronn oder dem Neubau des Hauptgebäudes der Zollberg-Realschule. „Den Doppelhaushalt 2020/2021 kriegen wir mit einem guten Ergebnis hin“, versprach Rust. „Sorgen mache ich mir um die mittelfristige Finanzplanung.“

Esslinger Stadtbücherei

Was die angestrebte „Präzisierung“ der Kosten- und Zeitpläne für die Bücherei bedeutet, wird auch vom Wettbewerbsentwurf abhängen, der im Januar vorliegt. Gemeinderat und Verwaltung wollen weiterhin im Jahr 2022 mit der Modernisierung und Erweiterung der Bücherei in der Heugasse beginnen. Dann muss ein Interimsquartier bereitstehen. Die Verwaltung will den Vorschlag der Bürgerinitiative für ein Interimsquartier in der Augustinerstraße „ebenso ergebnisoffen prüfen wie andere Standortoptionen“. Mit der Zentrale der Stadtwerke in der Fleischmannstraße, die Ende 2022 frei werden soll, wurde ein weiterer Ausweichstandort ins Gespräch gebracht, der durch eine Innenstadt-Zweigstelle mit Kinderbücherei-Räumen ergänzt werden müsste.

Schulen in Esslingen

Die Verwaltung schlägt vor, das Hauptgebäude der Zollberg-Realschule neu zu bauen, weil dort „kein nachhaltiger Sanierungserfolg erzielt werden“ könne. Der Wettbewerb für die Neue Schule Esslingen soll wie geplant fortgesetzt werden. Ein weiterer Meilenstein der Schulentwicklung ist der Startschuss für die neue Realschule in der Pliensauvorstadt zum Schuljahr 2020/2021 mit zunächst zwei Zügen. Zuletzt habe es sich bestätigt, „dass eine vierzügige Lösung am Standort Stifterschule keine Option ist“. Deshalb wird in der Planung am bisherigen Schulstandort eine dreizügige Lösung weiterverfolgt. Die Option auf eine zweite neue Realschule wird nicht aufgegeben.

Luftreinhaltung in Esslingen

Luftmessungen an der Grabbrunnenstraße haben ergeben, dass der Grenzwert für Stickstoffoxid deutlich überschritten wird. Deshalb erstellt das Regierungspräsidium derzeit mit der Stadt einen Luftreinhalteplan. Daneben setzt man verstärkt auf den öffentlichen Nahverkehr und eine Stärkung des Radverkehrs zur Reduzierung der Luftschadstoffe. Weitere Effekte erhofft man sich vom „Green City Plan Esslingen am Neckar“.

CO2-Reduzierung in Esslingen

Esslingen hat sich verpflichtet, die CO2-Emissionen bis 2020 um 25 Prozent zu verringern. Im Bilanzjahr 2018 hat die Stadt bereits 20 Prozent erreicht – besser als befürchtet. Genaue Da ten werden am 16. Oktober im Ausschuss für Technik und Umwelt vorgestellt.

Zusammenarbeit in Esslingen

Nachdem es Unstimmigkeiten über die Zusammenarbeit von Gemeinderat und Verwaltung gab, stand auch dieses Thema auf dem Programm. Die Fraktionsspitzen und OB Jürgen Zieger wollen dieses Thema vertiefen.