Ausschusssitzung in Hybridform: Mit der Corona-Pandemie hat das Digitale verstärkt Einzug gehalten in der Kommunalpolitik. Ob die Sitzungen bald standardmäßig ins Internet übertragen werden, bleibt aber noch zu diskutieren. Foto: Roberto Bulgrin

Seit dem ersten Corona-Lockdown überträgt die Stadt Esslingen ihre Ratssitzungen live im Internet und stellt die Videos anschließend online. Ob das auch nach Corona so bleibt, soll Ende des Jahres entschieden werden.

Esslingen - Die Corona-Pandemie bringt viel Leid, viele Sorgen und Einschränkungen mit sich – doch in manchen Bereichen wirkt sie auch als Modernisierer. So galt vor Corona die Einrichtung einer Echtzeitübertragung von Gemeinderatssitzungen vielen als schwierig und unnötig. Im ersten Corona-Lockdown aber war sie plötzlich schnell verfügbar. Nun stellt sich die Frage, ob die Live-Schalte aus den Ratssitzungen langfristig beibehalten wird. Entschieden werden soll darüber allerdings erst im Rahmen der Haushaltsberatungen Ende des Jahres.

Diskussion bleibt aus

Eine Diskussion über das Thema ist in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats ausgeblieben. Lediglich Martin Auerbach, Stadtrat der Linken, meldete sich zu Wort. Seine Fraktion hatte maßgeblich dazu beigetragen, dass das Thema auf die Tagesordnung kam. Schon im Mai 2019 hatte die Linke beantragt, dass die Möglichkeiten einer Live-Übertragung von Ratssitzungen ins Internet geprüft werden sollten. Eine Entscheidung darüber wurde damals zurückgestellt, weil man zunächst eine entsprechende Regelung für Ton-, Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen in der Geschäftsordnung für den Gemeinderat festschreiben wollte. Nach Angaben aus dem Rathaus ist eine solche Regelung nun im Entwurf für die Neufassung dieser Geschäftsordnung enthalten, die voraussichtlich bis zum Sommer beschlossen werde. Damit wäre dann zumindest theoretisch der Weg für die dauerhafte Einrichtung einer Live-Übertragung der Ratssitzungen frei.

Allerdings kostet ein Livestream Geld – nach Berechnungen der Stadt je nach Ausführung zwischen 11 000 Euro und mehr als 200 000 Euro im Jahr. Im günstigsten Fall würden nur Gemeinderatssitzungen übertragen – und zwar nur mit einer feststehenden Kamera. Möglich wären aber auch Livestreams von Gemeinderatssitzungen in bisheriger Qualität, also sowohl mit festinstallierten Kameras als auch einem sich frei bewegenden Kamerateam. In beiden Fällen würde es erheblich teurer, wenn nicht nur die Sitzungen des gesamten Gremiums, sondern auch die Ausschusssitzungen ins Internet übertragen würden.

Für die Linke würde eine Echtzeitübertragung der Sitzungen für mehr Transparenz und Akzeptanz der politischen Entscheidungen sorgen. „Wir glauben, dass es sehr demokratisch ist, wenn man Originaltöne hören und auch im Nachhinein noch nachvollziehen kann, wie argumentiert wurde“, erklärte Martin Auerbach im Gemeinderat. Schließlich wäre die Übertragung der Sitzungen mit der Einrichtung einer Mediathek verbunden, über die die Beiträge zu beliebigen Zeitpunkten aufgerufen werden können.

Livestream ist generell möglich

Klar ist jedenfalls schon: Ein Livestream unter Berücksichtigung von Datenschutz- und Persönlichkeitsrechten ist möglich. Das haben die Erfahrungen der Stadt seit März 2020 gezeigt. Eine lückenlose Übertragung ist allerdings nur möglich, wenn alle anwesenden Personen einwilligen. Sollten beispielsweise einzelne Stadträtinnen oder Stadträte ihre Zustimmung verweigern, könnten deren Wortbeiträge zwar ausgeblendet werden. Das aber würde zur Verfälschung und zu Lücken in der Diskussion im Livestream führen, warnt die Stadtverwaltung. Deshalb rate sie in solch einem Fall von einer Übertragung ab.