Der Regierung um Viktor Orban wird unter anderem vorgeworfen, die Korruption nicht entschlossen genug zu bekämpfen Foto: AFP/GEORG HOCHMUTH

Die Europäische Kommission hat den Mitgliedstaaten das Einfrieren von mehr als 13 Milliarden Euro an Subventionen empfohlen.

Die EU-Kommission macht ihre Drohung wahr. Ungarn sollen nach dem Willen der Brüsseler Behörde Milliardenzahlungen vorenthalten werden. Weil die rechtsnationale Regierung in Budapest nach Einschätzung der Kommission gegen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit verstößt und nicht entschlossen genug gegen Korruption vorgeht, könnten nun rund 7,5 Milliarden Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt und 5,8 Milliarden Euro an Corona-Hilfen blockiert werden.

Wie die EU-Kommission am Mittwoch unterstrich, sind in ihren Augen die von Budapest ergriffenen Reformmaßnahmen nicht ausreichend und es bestehe weiter die Gefahr, dass Subventionen unkontrolliert versickern. Dieses Brüsseler Votum ist allerdings nur eine Empfehlung, das letzte Wort hat in den nächsten Wochen der Ministerrat, in dem alle EU-Staaten versammelt sind. Um die Sanktionen gegen Ungarn umzusetzen, ist dort eine qualifizierte Mehrheit notwendig – das heißt, mindestens 15 der 27 EU-Staaten müssten zustimmen und zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.

Europaparlamentarier unterstützen das Votum der Kommission

Die Mehrheit der Europaparlamentarier begrüßte die Entscheidung der Kommission. Der deutsche FDP-Abgeordnete Moritz Körner erklärte: „Die EU-Kommission handelt richtig.“ Es habe sich gezeigt, dass „mit Victor Orban kein Rechtsstaat zu machen ist“. Die CSU-Politikerin Monika Hohlmeier sagte: „Die Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn sind so schwerwiegend und tiefgreifend, dass sie nicht durch oberflächliche, kosmetische Reformen in wenigen Monaten behoben werden können.“

Die Europaparlamentarierin aus Bayern bezieht sich mit dieser Aussage auf ein umfangreiches Reformpaket, das Budapest bis Mitte November abgearbeitet haben musste, um die zurückgehaltenen EU-Milliarden loszueisen. Premierminister Orban hatte zuletzt immer wieder versichert, alle Vorgaben umgesetzt zu haben. Das aber sieht die Kommission anders. Zwar seien zentrale Maßnahmen angekündigt, aber nicht wirklich realisiert worden, heißt es von den EU-Kontrolleuren. Zudem fehlten in vielen Fällen auch schlicht die nötigen Informationen über die geplanten Schritte.

Ungarn könnte Gegenmaßnahmen ergreifen

Zu diesem Schluss kommt auch Katarina Barley. Die EU-Abgeordnete kritisiert, dass Orban die EU seit Jahren an der Nase herumführe. „Wir dürfen uns nicht erpressen lassen“, mahnte die SPD-Politikerin. „Wenn die EU nachgibt, signalisieren wir Orban, dass seine Provokationen Erfolg haben.“ Damit könnten sich andere Länder wie etwa die neue ultrarechte Regierung in Italien ermutigt fühlen, Ungarn zum Vorbild zu nehmen.

In Brüssel werden nun die nächsten Wochen mit Spannung erwartet. Als wahrscheinlich gilt, dass Ungarn nach dieser Entscheidung versuchen wird, selbst politischen Druck auf die EU aufzubauen. So könnte die Regierung in Budapest etwa alle Entscheidungen blockieren, für die in der EU Einstimmigkeit erforderlich ist. Das gilt zum Beispiel für Sanktionen gegen Russland oder Beschlüsse zur Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen das Nachbarland.

Befürchtet wird auch, dass Orban als Reaktion die Nato-Erweiterung um Finnland und Schweden blockieren könnte. Die Entwicklung im Streit zwischen Brüssel und Budapest wird vor allem in Polen mit größtem Interesse verfolgt werden. Die EU-Kommission hält auch im Fall von Warschau Milliardenhilfen zurück und wartet noch auf die Umsetzung der angemahnten Reformen.