Unter Druck: Trainer Markus Gisdol und der 1. FC Köln. Foto: dpa/Marcel Kusch

Mit einem Pünktchen aus vier Spielen im Gepäck kommt der 1. FC Köln an diesem Freitag zum Spiel gegen den VfB Stuttgart. Der Trainer Markus Gisdol ist gefordert – aber viele seiner Freunde drücken dem Gegner die Daumen.

Stuttgart - Seine schwäbischen Wurzeln kann und will der Kölner Trainer Markus Gisdol erst gar nicht verleugnen. Wie auch, liegt sein Heimatort Geislingen an der Steige gerade mal 50 Kilometer von der Stuttgarter Arena entfernt. Und so erzählt Gisdol auf der Pressekonferenz des FC vor dem Gastspiel an diesem Freitag (20.30 Uhr) in Bad Cannstatt von dem spürbar bröckelnden Rückhalt seitens vieler seiner Freunde und Bekannten: „Viele sind natürlich VfB-Fans“, sagt Gisdol, „dass da ein paar weniger Wünsche kommen zum erfolgreichen Abschneiden, das merke ich diese Woche schon.“

Langes Warten auf einen Sieg

Tatsächlich aber hätte der rotblonde Schwabe derzeit bedingungslosen Rückhalt bitter nötig. Schließlich ist der rheinische Traditionstanker 1. FC Köln auch unter ihm in schwere See geraten. Jener Club, der seit 1998 stolze sechs Abstiege in der Vereinsvita stehen hat. Das 1:1 gegen Frankfurt vom Sonntag brachte der Geisbock-Elf nach vier Spieltagen erst den ersten Zähler dieser Saison überhaupt ein.

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Längst passé sind also die glorreichen Zeiten, als der Cheftrainer Gisdol als Nachfolger des gescheiterten Achim Beierlorzer nach dem elften Spieltag der Vorsaison beim FC anheuerte – und die Kölner mit einer Serie von 25 Punkten aus 13 Ligaspielen aus dem Ligakeller hievte.

Inzwischen nennt Gisdol, der beim VfB Stuttgart auf seinen Kapitän und Ex-Nationalspieler Jonas Hector (Nackenverletzung) verzichten muss, gar einen Vereinsnegativrekord sein Eigen. Wie sonst nur Peter Stöger im Dezember 2017 wartet der Coach seit inzwischen 14 Bundesligapartien auf einen Sieg mit dem FC. Stöger musste daraufhin vorzeitig seinen Hut nehmen. Gisdol warnt jedoch vor vorschnellen Reaktionen. „Wenn wir acht oder zehn Spiele rum haben“, sagt der 51-Jährige, „dann haben wir einen Start.“

Gisdol sieht die „Euphorie eines Aufsteigers“

Dabei ist aber auch Gisdol die emotionale Gemengelage vor seinem Gastspiel nahe der Heimat bewusst. Während seine Kölner am Stock gehen, läuft es beim VfB. Jenem Club also, bei dem der Trainer zwischen 2005 und 2007 in der U 17 tätig war – unter anderem als Trainer von Daniel Didavi. „Es herrscht in Stuttgart die klassische Euphorie eines Aufsteigers. Die Mannschaft ist sehr unbekümmert, spielt mit voller Wucht nach vorne – und ist brandgefährlich“, sagt Gisdol über den Gegner. „Trotzdem sehen wir auch unsere Chancen.“

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Um beim VfB zu punkten, fordert der Trainer von seinen Spielern mehr Abgeklärtheit als zuletzt. „Wir waren ein bisschen zu forsch und ungestüm nach Ballgewinnen. Wir müssen die Passgenauigkeit erhöhen, um unsere Konterchancen nicht liegenzulassen“, sagt Markus Gisdol, der weiß, dass seine Spieler gegen die eifrig pressende Stuttgarter Elf wenig Ruhe im Spielaufbau bekommen werden.

Gehaltsverzicht der Kölner Profis

Überhaupt wollen die Kölner von einer Stuttgarter Außenseiterrolle nichts wissen. Denn einen Aufschwung beim VfB hat auch der zweite Kölner in sportlicher Verantwortung mit Stuttgarter Vergangenheit längst erkannt: Insgesamt war Horst Heldt sieben Jahre bei den Cannstattern tätig – und zwar als Spieler, Manager und zuletzt als Sportvorstand, ehe er den Verein 2010 in Richtung des FC Schalke 04 verließ. „Ich weiß nicht genau, warum beim VfB wann was passiert ist, dazu ist die Distanz zu groß“, sagt Heldt, der nach eigener Auskunft immer gerne nach Stuttgart zurückkehrt – doch eines ist auch dem FC-Sportdirektor klar: Der Trend zeigt in Stuttgart aktuell klar nach oben.

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Während Gisdol und Heldt Punkte aus Stuttgart mitbringen wollen, kann der dritte Ex-VfBler in der Kölner Chefetage bereits vor dem Anpfiff immerhin einen Teilerfolg verbuchen. Geschäftsführer Alexander Wehrle war einst die rechte Hand von Ehrenpräsident Erwin Staudt – und hat mit den Kölner Profis angesichts der anhaltenden Corona-Krise einen Gehaltsverzicht von 15 Prozent ausgehandelt.