Foto: Jana Müller

Auf den ersten Blick sieht man denn Nachwuchs kaum und erkennt nur hier und da ein kleines Händchen zwischen den Armen von Brüllaffen-Weibchen Montega.

Stuttgart (red) Für die junge Mutter und Vater Dichoso ist es der zweite Nachwuchs, der gleich ganz routiniert und liebevoll umsorgt wurde. „Bei ihrem ersten Jungtier im vergangenen Jahr hat Montega das schon super gemacht, war aber noch viel vorsichtiger“, berichtet Revierleiterin Kerstin Beigang. „Jetzt merkt man, dass alles schon ganz selbstverständlich für sie ist. Sie hat bei uns ja auch ihre beiden Brüder mit großgezogen, deswegen kann sie das wirklich gut.“ Denn die sozialen Brüllaffen leben in Familienverbänden, in denen die jüngeren Weibchen von den älteren lernen, worauf es bei der Jungtieraufzucht ankommt. So werden sie auf ihren eigenen Nachwuchs bestens vorbereitet. Auch Morrie, der Erstgeborene des Brüllaffen-Pärchens im Zoologisch-Botanischen Garten, ist noch Teil der Familie. Er zeigt allerdings noch nicht viel Interesse an seinem neuen Geschwisterchen. „Weil Morrie selbst erst ein Jahr alt ist, ist das Kleine für ihn eher ein Spielkamerad“, erzählt Kerstin Beigang. „Dazu muss es aber erst einmal selbstständig klettern können, was sicher noch vier bis fünf Monate dauern wird.“ Bis dahin kuschelt sich das neugeborene Brülläffchen dicht an Montegas Bauch, an dem es sich aus eigener Kraft mit Händen und Füßen festhalten muss. Instinktiv setzt der Winzling dabei auch schon seinen langen Greifschwanz ein, der diesen Primaten beim Klettern in den Baumwipfeln zusätzlichen Halt gibt.

Männlein oder Weiblein?

Welches Geschlecht das Jungtier hat, lässt sich im Moment noch nicht sagen. Da der Blondschopf wie seine Mutter hell gefärbt ist, ist er in ihren Armen gut vor fremden Blicken geschützt. Denn in ihrer Heimat, den Regenwäldern des Amazonasgebiets, können junge Brüllaffen schnell in den Klauen von Raubkatzen oder Greifvögeln landen. Das namensgebende dunkle Haarkleid entwickeln bei den Schwarzen Brüllaffen nur die Männer im Laufe ihres Wachstums, was sich inzwischen bei dem älteren Bruder Morrie schon gut erkennen lässt. Von der sonoren Stimme, die er einmal bekommen wird, ist dagegen noch nicht viel zu hören. Das charakteristische Brüllkonzert der Primaten trägt kilometerweit und wird so auch von benachbarten Gruppen gehört, die in größerer Entfernung leben. Damit halten die Tiere untereinander Kontakt und signalisieren, welche Reviere schon besetzt sind.
In ihrem Ursprungsgebiet ist der Bestand der Schwarzen Brüllaffen zwar rückläufig, wird aber noch nicht als gefährdet eingestuft. Dennoch stehen sie als Botschafter für zahlreiche weitere Tierarten in ihrem natürlichen Lebensraum, der durch Abholzung, Landwirtschaft und Straßenbau immer kleiner wird. Um eine stabile Population in den Zoos zu erhalten, gibt es für die Brüllaffen zudem ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, an dem sich auch die Wilhelma beteiligt.