Das Bier von 1885 im Regal: Es wird als typisches Lager eingeordnet. Foto: dpa/Privatbrauerei Barre

Verkoster wagen sich an Deutschlands ältestes Bier – und sind überrascht, wie gut und modern es schmeckt.

Geruch und Geschmack hervorragend: Vier zertifizierte Verkoster haben vom aus dem Jahr 1885 stammenden, ältesten Bier Deutschlands kosten dürfen. Die chemische Zusammensetzung der kürzlich in Norddeutschland gefundenen Flasche aus dem Kaiserreich habe zudem einzigartige Einblicke in die Braukultur des späten 19. Jahrhunderts gegeben, teilte die Technische Universität München mit.

Bier hat Aromen von Sherry, Port und Pflaume

Forschende der Universität durften das Lagerbier öffnen, das durchgehend bei Raumtemperatur in einem Gewerbegebäude aufbewahrt worden war. Die Bierflasche sei mit Korken, Draht und Wachs versiegelt gewesen. Nach der Geschmacksanalyse durch die Verkoster handelt es sich um ein stimmiges und ausgewogenes Bier, das Aromen von Sherry, Port und Pflaumen enthielt.

Martin Zarnkow, Entwicklungsleiter im Forschungszentrum für Brau- und Lebensmittelqualität Weihenstephan, erklärte nach der Verkostung: „Es war sehr harmonisch im Gesamteindruck und in der Bitterkeit – insgesamt ist es ein sehr schlankes, elegantes, harmonisches Bier, das immer noch ganz hervorragend riecht und schmeckt.“

Alt, aber mit modernen Bieren vergleichbar

Eine molekulare Untersuchung des Biers habe gezeigt, dass dieses abgesehen von einer starken Oxidation der Hopfenbestandteile mit modernen, industriell gebrauten Bieren vergleichbar sei. In einem Vergleich der molekularen Profile von 400 nationalen und internationalen Bieren sei die Probe als typisches helles Lagerbier einzuordnen.

Das Bier sei zudem in einem untergärigen Verfahren gebraut worden. Außerdem wurde das Bier demnach gefiltert – erst wenige Jahre davor sei der erste Filtrationsapparat erfunden worden. Die Forscher konnten auch nachweisen, dass das Bier nach dem Reinheitsgebot gebraut wurde. Für Zarnkow war das eine Überraschung – in Norddeutschland war das damals keine Pflicht.