Wie viel gibt es in Zeiten der Inflation oben drauf, wenn der Gast sein Essen bezahlt? Einer der befragten Wirte beobachtet höchstens bei einer Zielgruppe Veränderungen. Foto: Imago Images/Manuel Geisser

Steigende Preise zwingen viele dazu, zu sparen. Betrifft das auch die Großzügigkeit gegenüber Kellnerinnen und Kellnern? Stimmen aus Restaurants in der Region Stuttgart.

Lebensmittel kosten deutlich mehr, Gas und Strom werden teurer, und Ende des Monats läuft auch noch der Tankrabatt aus. Dass das Leben aktuell kostspieliger ist, spüren die Deutschen in nahezu allen Lebenslagen. Viele sind wegen der Preissteigerungen gezwungen, den Gürtel enger zu schnallen und zu sparen. Wirkt sich das auf die Großzügigkeit der Menschen aus, etwa beim Trinkgeld?

In der Gastronomie macht sich das Thema Sparen auch bemerkbar, aber nicht so sehr, wie man vielleicht vermuten könnte. Das ist jedenfalls den Worten von Daniel Ohl, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Baden-Württemberg, zu entnehmen. Zwar gebe es durchaus den einen oder anderen Gast, der seltener essen gehe oder im Restaurant etwas nicht so Hochpreisiges bestelle, grundsätzlich habe der Verband von den Mitgliedern aber die Rückmeldung, dass das Geschäft in der Gastronomie aktuell gut bis befriedigend laufe. „Das Bedürfnis nach Geselligkeit ist groß“, sagt Daniel Ohl, die Menschen freuten sich darauf, auszugehen und sich kulinarisch etwas Gutes zu tun. Dass bewusst weniger Trinkgeld gegeben werde, um diese Ausgaben zu schmälern, darauf habe Daniel Ohl „keine Hinweise“.

Volles Haus in den Ratsstuben in Echterdingen

Florian Hillenbrand kann das unterschreiben. Er ist der noch neue Betreiber der traditionsreichen Ratsstuben in Echterdingen, und er freut sich trotz der Sommerferien über ein volles Haus. „Ich höre von den Gästen, dass sie sich eher mit dem Urlaub zurückhalten“, sagt er. Wer essen gehe und sich gut aufgehoben fühle, der belohne das auch mit Trinkgeld. „Die Resonanz der Servicekräfte ist: Denen fällt nichts auf“, sagt Florian Hillenbrand.

Ähnliches berichten auch andere Wirte von der Filderebene. Tammy Geismann, die Serviceleiterin im Pier 51 in Stuttgart-Degerloch, betont, dass das Restaurant gut besucht sei und dass beim Trinkgeld nicht gespart werde. „Wir können uns nicht beschweren“, sagt sie.

Wenn Qualität und der Service stimmen

Diese Erfahrung macht auch Maximilian Trautwein aus der Linde in Möhringen. Wenn die Qualität und der Service stimmten, werde das durchaus honoriert – sowohl im Lokal als auch am Stand auf dem Stuttgarter Weindorf, den das Linde-Team aktuell betreibt. Überhaupt sei man vor allem im Restaurant zufrieden mit dem Zuspruch der Kundschaft. Hier liege man auf dem Vor-Corona-Niveau. Kostensteigerungen, die man in der Branche habe und zwangsläufig über die Preise der Speisen an die Gäste weitergeben müsse, würden hingenommen. „Die Akzeptanz ist da“, sagt Maximilian Trautwein.

Michael Reinbacher, der Geschäftsführer der Alten Wache in Ostfildern, differenziert etwas. Beim jungen Publikum, etwa bei Studenten, bemerke er in der jüngeren Vergangenheit eine gewisse finanzielle Zurückhaltung. „Die entscheiden sich bewusst für ein einfacheres Essen. Ich habe auch das Gefühl, dass sie weniger essen gehen.“ Die Kundschaft 60 plus komme indes unvermindert ins Lokal, um sich etwas zu gönnen. „Bei denen ist es eher so: Wir wissen nicht, was nächsten Monat kommt.“ Allen sei aber eines gemein: Wer ins Restaurant gehe, belohne guten Service auch gern mit einem Trinkgeld, „das gehört für die Leute dazu“, sagt Michael Reinbacher.