In Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach Angaben des baden-württembergischen Landesgesundheitsamts nach einem Zeckenstich bei 1 zu 50 bis 1 zu 100. Foto: Imago/Shotshop

Zecken mögen milde Temperaturen und die herrschen mancherorts inzwischen auch in der eigentlich kühlen Jahreszeit. Wird es bald keine Zecken-Saison mehr geben, sondern das ganze Jahr über Zecken-Alarm?

Stadtbewohner sollten sich nach einem Aufenthalt draußen einem Experten zufolge das ganze Jahr über nach Zecken absuchen. „Zecken sind in der Stadt unter geeigneten Bedingungen das ganze Jahr über aktiv“, warnt Gerhard Dobler vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München.

Zecken profitieren von höheren Temperaturen

Dobler und sein Team sammeln seit 2022 in Risikogebieten Zecken ein, um diese auf FSME-Viren und andere gefährliche Erreger zu untersuchen. Anfang Oktober seien dabei im Nymphenburger Park in München mehr als 200 aktive Zecken gefunden worden, berichtet Dobler.

Bei Untersuchungen in zwei anderen Gebieten außerhalb der bayrischen Landeshauptstadt und in der Oberpfalz fanden die Fachleute in dem Zeitraum dagegen deutlich weniger aktive Zecken.

Wer sich draußen aufhält, sollte sich möglichst immer vor Zeckenstichen schützen und später absuchen. Foto: Imago/Imagebroker

Den Grund für die länger aktiven Zecken sieht Dobler darin, dass es in Städten in der Regel wärmer ist als außerhalb. „Was wir da sehen, ist vielleicht etwas, das uns wegen der Klimaerwärmung in zehn bis zwanzig Jahren auch außerhalb von Städten droht.“

Die Ergebnisse aus München hält er für übertragbar auf andere Parks in Städten, die wie der Nymphenburger Park einen alten Baumbestand haben und in denen viele Wildtiere als potenzielle Zecken-Wirte unterwegs sind.

FSME-Viren, Borrelien, Bakterien

In den in München eingesammelten Zecken entdeckten die Fachleute zahlreiche Erreger: Darunter nicht nur FSME-Viren, sondern auch Borrelien sowie Bakterien, die Fleckfieber und Hasenpest verursachen können.

Zecken seien Infektionsträger, betont Dobler. Wer sich draußen aufhalte, sollte sich deshalb immer möglichst vor Zeckenstichen schützen und später absuchen. Dasselbe gelte für Hunde.

Die in Deutschland am weitesten verbreitete Zeckenart ist der Gemeine Holzbock. Er befällt am häufigsten von allen Zecken Menschen und überträgt die gefährlichen Borrelien und FSME-Viren. Foto: Imago/Gottfried Czepluch

Welche Krankheiten werden von Zecken übertragen?

Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

  • Zecken können den Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen, einer virusbedingten Hirnhaut- oder Gehirnentzündung. Die meisten Infektionen verlaufen auch hier ohne Symptome.
  • Das Risiko einer schweren Erkrankung ist bei Menschen über 60 Jahren deutlich erhöht. In der ersten Phase gibt es häufig grippeähnliche Symptome, später kann eine Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute oder des Rückenmarks folgen. Bleibende Spätfolgen sind möglich.
  • Nur bei etwa einem Drittel der Erkrankten entwickelt sich tatsächlich eine Entzündung im Bereich des Gehirns. Symptome einer leichten FSME ähneln den Symptomen einer Grippe wie Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit.
Die Borreliose ist eine durch Bakterien ausgelöste Infektionskrankheit und wird von einem spiralförmigen Bakterium namens „Borrelia burgdorferi“ ausgelöst. Foto: Imago/Rene Traut

Lyme-Borreliose

  • Am häufigsten durch Zecken übertragen wird jedoch die von Bakterien verursachte sogenannte Lyme-Borreliose, die Nervensysteme und Gelenke schädigen kann. Die Schätzungen zu den Krankheitsfällen schwanken sehr stark zwischen 40 000 und 120 000 pro Jahr.
  • Die Borreliose ist eine durch Bakterien ausgelöste Infektionskrankheit und wird von einem spiralförmigen Bakterium namens „Borrelia burgdorferi“ ausgelöst, das im Darm der Zecke haust.
  • Treten binnen vier Wochen grippeähnliche Symptome, Fieber, Lymphknotenschwellungen oder die sogenannte Wanderröte auf, sollte sicherheitshalber ein Arzt aufgesucht werden. Denn sonst drohen noch nach Jahren Spätfolgen.
  • Wer an Borreliose erkrankt muss eine mehrwöchige Antibiotika-Infusions-Kur über sich ergehen lassen. Wer Zecken frühzeitig entfernt, macht eine Infektion weniger wahrscheinlich. Eine Borreliose kann zu einer ringförmigen Rötung an der Einstichstelle oder grippeähnlichen Beschwerden führen. Sie wird in der Regel mit Antibiotika behandelt.
Die Verbreitungsgebiete vieler heimischer Zeckenarten habe sich in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweitet. Foto: Imago/Imagebroker

Wie hoch ist das Risiko einer Erkrankung?

In Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach Angaben des baden-württembergischen Landesgesundheitsamts nach einem Zeckenstich bei 1 zu 50 bis 1 zu 100. Ein Infektionsrisiko besteht laut RKI vor allem in folgende Regionen, in denen die Ständige Impfkommission (Stiko) eine FSME-Impfung empfiehlt:

  • Bayern
  • Baden-Württemberg
  • Südhessen
  • südöstliches Thüringen
  • Sachsen
  • südöstliches Brandenburg
  • Einzelne Risikogebiete liegen zudem in Mittelhessen, in Sachsen-Anhalt, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen.
FSME-Risikogebiete in Deutschland (Stand: 2. März 2023). Foto: © Robert Koch-Institut, 2023

Wo befinden sich die Verbreitungsgebiete von Zecken?

Die Verbreitungsgebiete vieler heimischer Zeckenarten habe sich in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweitet. Die milden Winter und wärmeren Sommer kommen den Insekten zugute. Sogar zwei ursprünglich aus den Tropen stammende Arten haben begonnen, sich in Deutschland zu etablieren.