Deniz Undav hat einen steilen Aufstieg hinter sich, will aber auch als Nationalspieler nicht abheben. Foto: IMAGO/Claus Bergmann

Zur Nationalelf reist er mit Müllsack über der Schulter an. „Ich will bodenständig bleiben“, sagt Angreifer Deniz Undav: „Ich glaube, deshalb mögen mich die Leute.“

Von der Medienabteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bekam Deniz Undav das Attribut „Stilikone“ verliehen. Dieser Kommentar in den sozialen Medien bezog sich auf die Ankunft des Stuttgarter Stürmers vor dem Quartier der deutschen Fußball-Nationalelf in Herzogenaurach. Da hatte Undav nämlich einen blauen Müllsack als eines seiner Reise-Utensilien über der linken Schulter hängen.

„Ich habe den Müllbeutel von unserem Betreuer beim VfB bekommen. Dort hatte ich nur meine Fußball- und meine Laufschuhe drin“, klärt Undav in einer kleinen Medienrunde später auf: „Die wollte ich nicht in die Tasche stecken, weil sie ein wenig stinken“, so der 28-Jährige mit einem Augenzwinkern: „Dass das im Netz dann so viral abgeht, hätte ich nicht gedacht.“

Inzwischen ist Undav mit dem Tross der Nationalelf ohne Müllbeutel in Zenica in Bosnien-Herzegowina angekommen, wo an diesem Freitagabend (20.45 Uhr/RTL) das Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalelf im kleinen, 13 600 Zuschauer fassenden Stadion Bilino Polje angepfiffen wird. „Ich möchte gerne bodenständig bleiben und werde nicht abheben, nur weil ich jetzt nicht mehr in der dritten oder vierten Liga spiele, sondern in der Nationalelf“, sagt Undav, der bisher auf vier Länderspiele kommt: „Ich glaube, deshalb mögen mich die Leute.“

Noch vor etwas mehr als vier Jahren ist Undav für den SV Meppen in der dritten Liga auf Torejagd gegangen – doch der Erfolg soll dem jungen Familienvater nicht zu Kopf steigen: „Luxus ist für mich zum Beispiel, meine Tochter größer werden zu sehen“, sagt er: „Eine Hose ist dagegen eine Hose, egal ob ich die jetzt bei H&M hole – oder von Louis Vuitton.“

Dennoch ist der steile Aufstieg der jüngeren Vergangenheit mit der Vizemeisterschaft des VfB sowie dem Debüt in der Nationalmannschaft nicht komplett spurlos an Undav vorbei gegangen: „Das Gefühl, in der Nationalelf getroffen zu haben und mit dem VfB bei Real Madrid im Santiago Bernabeu, das hatte für mich schon einen Wow-Effekt“, sagt der Stürmer. „Das gibt mir eine Art Genugtuung, weil ich schon zu meinen Zeiten in der dritten Liga gesagt habe: Ich kann überall treffen. Aber ich ruhe mich nicht auf meinen Erfolgen aus. Ich will mehr Tore machen.“

Dabei musste Undav mehrere Rückschläge wegstecken, ehe er in dieser Transferperiode mit einer Ablösesumme von 25 Millionen Euro, die der VfB an seinen Ex-Club Brighton & Hove Albion überwies, zum teuersten Stuttgarter Profi aller Zeiten wurde. In der Jugend des SV Werder Bremen wurde der in Friesland geborene Offensivspieler zunächst aussortiert – zu klein, zu dick, hieß es damals.

„Es über Umwege geschafft zu haben, macht mich einfach glücklich. Ich bin den Leuten bei Werder dennoch dankbar“, sagt Undav: „Denn das Negative, dass ich damals erlebt habe, hat mich erst zu dem Spieler gemacht, der ich heute bin. Wenn du fünfmal fällst, musst du eben sechsmal aufstehen.“

Nun steht für Undav und seine fünf VfB-Kollegen bei der DFB-Elf erst einmal das Länderspiel in Zenica im Fokus – am Montag geht es dann ebenfalls in der Nations League in München gegen die Niederlande. Wiederum in der Allianz-Arena treten Undav und Co. anschließend in ihrem nächsten Bundesligaspiel an, wenn der VfB am Samstag, 19. Oktober (18.30 Uhr) beim FC Bayern zu Gast ist.

„Wir dominieren zwar immer noch die meisten Partien, aber wir haben nicht mehr die Klarheit in unserem Spiel – und auch nicht die Effektivität. Dazu gelingt es uns zu selten, mal kein Gegentor zu kriegen“, sagt Undav zum bisherigen Saisonverlauf mit dem VfB: „Aber es fehlt nicht mehr viel, dann macht es richtig Klick – und dann wird es wieder ähnlich gut laufen wie in der vergangenen Saison. Denn auch die Neuen verstehen immer besser, wie wir beim VfB spielen wollen.“