Bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland setzt die Uefa erstmals auf virtuelle Bandenwerbung. Wie funktioniert das – und wo liegen die Grenzen der Technologie?
21. Minute des EM-Gruppenspiels zwischen der Slowakei und Belgien: Der belgische Stürmer Leandro Trossard setzt zum Distanzschuss an. Innenverteidiger Milan Skriniar will den Ball abwehren, läuft dabei in sein eigenes Tor und verschwindet plötzlich. Er wird regelrecht von der Bande verschluckt. Was aussieht wie ein Fehler in der Matrix, lässt sich mit einer technologischen Innovation erklären, die erstmals bei einer Fußball-EM zum Einsatz kommt.
Beim Turnier in Deutschland setzt die Uefa auf sogenannte virtuelle Bandenwerbung. Was die TV-Zuschauer auf den Reklametafeln zu sehen bekommen, variiert dabei in den verschiedenen Märkten – konkret bekommen die Zuschauer in den USA, Deutschland sowie China unterschiedliche Werbungen eingeblendet.
Werbung wird virtuell auf LED-Bande gelegt
Der zugrunde liegende Prozess ist relativ einfach: Auf die LED-Bande im Stadion wird digital für die Fernsehübertragung ein anderes Bild gelegt. Kompliziert wird es dann, wenn vor der Bande Spieler umherlaufen – was bei einem Fußballspiel durchaus vorkommt. Um trotzdem ein kohärentes Bild zu erzeugen, kommt Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. Diese wurde darauf trainiert, den Unterschied zwischen der statischen Bande und dem Geschehen davor zu erkennen. Im Regelfall funktioniert das, doch in einigen Fällen versagte die virtuelle Bandenwerbung auch schon.
So hatte Englands Trent Alexander-Arnold plötzlich einen virtuellen Werbepartner auf der Brust. Auf den Nationaltrikots prangen sonst keine Sponsoren.
Und die deutsche Nationalmannschaft musste sich gegen Ungarn kurzzeitig mit (virtuellen) Hindernissen auf dem Spielfeld auseinandersetzen. Dem 2:0-Erfolg standen sie letztlich aber nicht im Weg.
Einschränkungen gibt es bei der Technologie aber nach wie vor: Bislang funktioniert die virtuelle Bandenwerbung nur dann, wenn das Bild der Hauptkamera zu sehen ist. Bei Nahaufnahmen, Wiederholungen oder anderen Kameraperspektiven ist weiter die gleiche Werbung wie im Stadion zu sehen.
In der Bundesliga gibt es die Technologie schon länger
Der Platz auf den Banden kann für die drei Regionen USA, Deutschland und China separat vermarktet werden. Natürlich geht es dabei ums Geld: für die Uefa bedeutet dies Mehreinnahmen, da sie theoretisch das dreifache an Werbefläche verkaufen kann. Die Zuschauer erhalten im Gegenzug Werbung, die auf das jeweilige Land regional angepasst wurde. Der Hinweis „die Sendung enthält virtuelle Werbung“ ist dabei gesetzlich festgeschrieben und informiert Zuschauer in Deutschland über den Einsatz der Technologie.
Ob die Lokalisation, also das Ausspielen der richtigen Werbung für den jeweiligen Markt, immer einwandfrei klappt? X-User Maxoo hat seine Zweifel.
Neu ist die virtuelle Bandenwerbung nur bedingt. In der Bundesliga kann sie schon seit 2018 bei internationalen Übertragungen genutzt werden. In anderen Sportarten wird sie ebenfalls seit längerem verwendet – beispielsweise in der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga NHL. Voraussetzung in der Fußball-Bundesliga ist jedoch eine LED-Bande im Stadion.