Der Bund der Steuerzahler findet, in Stuttgart werden Steuergelder verschwendet. Die Fußball-EM sei zu teuer gewesen. Und das zerknüllte Operndach im Eckensee sei weder pittoresk noch günstig gewesen.
Es ist ein bisschen spät. Aber jetzt hat auch noch der Bund der Steuerzahler die Fußball-EM entdeckt. Der Bund der Steuerzahler, das ist ein Verein, der behauptet, er schaue den Politikern auf die Finger. Er lebt von Spenden und Beiträgen, ergo von Aufmerksamkeit. So gibt es jedes Jahr ein Schwarzbuch, das er wie folgt bewirbt: „Milliarden Euro Steuergeld hat die Politik in sinnlose Projekte gesteckt. Wir decken die Skandale auf, weil Sie als Bürger wissen sollen, was damit geschieht!“ Man merkt, ohne Megafon geht es nicht.
Wer hat wie viel gezahlt?
Doch schaut man mal genauer nach, merkt man, da geht es weder um Milliarden, manchmal noch nicht einmal um Verschwendung. So auch im Falle der Fußball-EM in Stuttgart. Der Bund der Steuerzahler wittert: „Die Fanzonen mit allem Drum und Dran kosteten rund sechsmal so viel wie 2017 geplant. In den Ausrichterstädten Köln und Leipzig beliefen sich die Kosten nur auf 17 bzw. 15 Millionen – weniger als die Hälfte als in Stuttgart.“
Falsche Rechnung
Stuttgart budgetierte und zahlte 38,4 Millionen Euro. Dass sich die Kosten versechsfacht hätten, ist allenfalls der Spur nach richtig, wenn man den Umbau des Stadions mit ins Kalkül zieht, der sich von 70 auf 138,4 Millionen Euro verteuert hat. Aber mit den Kosten für die vier Fanzonen auf dem Schlossplatz, dem Schillerplatz, dem Karls- und dem Marktplatz hat das nichts zu tun.
Zudem sind in den 38,4 Millionen Euro Projektkosten von 8,4 Millionen Euro enthalten. Das sind die Kosten für die Menschen, die für die EM gearbeitet haben. Dafür hatte man in Stuttgart eigens eine Gesellschaft gegründet, um eine saubere Rechnung zu haben. Anderswo wurden die Personalkosten von den Kommunen stillschweigend übernommen. Rechnet man die also raus, landet man bei 30 Millionen Euro, und ist auf Augenhöhe mit Dortmund, Frankfurt und Hamburg. Und bezieht man mit ein, dass die anderen Städte Personalkosten in ähnlicher Höhe hatten wie Stuttgart, die aber in anderen Etats landeten, wird es noch etwas schwieriger mit der Vergleichbarkeit. Manchmal lohnt sich der zweite Blick.
Die Sache mit dem Kupferdach
So ist es auch mit dem angeblichen zweiten Aufreger. Ein Sturm anno 2021 hatte das Kupferdach der Oper abgedeckt. Im Eckensee zeigte man daraufhin das Knäuel, bis es im Mai 2024 wieder abgeräumt wurde. Der Denkmalschutz hatte ohnehin nur eine Frist von drei Jahren eingeräumt. Der Bund der Steuerzahler sagt nun: „Das Land Baden-Württemberg hat unterm Strich 17 000 Euro für ein ,Kupferknäuel‘ ausgegeben, das früher als geplant verschrottet wurde. Dabei hätte man einfach Geld durch einen frühzeitigen Verkauf des Metalls einnehmen können.“ Die Summe stimmt allerdings nicht ganz. Laut Finanzministerium liegen die Auf- und Abbaukosten bei 27 000 Euro, erhalten hat man für das Kupfer 14 500 Euro. Daran war übrigens wirklich die EM schuld. Das Dach musste ein Jahr früher weg, weil man wegen der vielen Besucher in der Stadt Sicherheitsbedenken hatte.
Ein Stuttgarter Kind
Der Bund der Steuerzahler entstand im Übrigen in Stuttgart. Im Gasthaus Krone in Uhlbach trafen sich 1949 zur Gründung 70 Kaufleute und Wissenschaftler. Später verteilten sie ein Flugblatt vor dem Hauptbahnhof. Weil sich zu viele Menschen um sie drängten, erhielt der neue Verein wegen Verkehrsbehinderung ein Ordnungsgeld von 10 Mark. Vielleicht haben sie deshalb Stuttgart gerne auf dem Kieker.