Sie haben eine Hauptrolle während der Fußball-EM. Und werden doch kaum gewürdigt. Die Müllmänner werden rund um die Uhr arbeiten, um die Stadt sauber zu halten. Das ist nicht nur anstrengend, sondern mittlerweile auch gefährlich.
Einmal hatten sie einen großen Auftritt. Da wurden die Männer der Abfallwirtschaft gefeiert. Als die Holländer bei der WM 2006 in Stuttgart spielten und die Stadt sich orange färbte, kam es zur großen Verbrüderung. Die holländischen Fans waren begeistert von den Müllmännern, die ebenfalls orangefarben daherkamen. Man tauschte T-Shirts und Hosen; wo auch immer die fleißigen Geister putzten, wurden sie bejubelt.
Arbeiten in drei Schichten
Bei der EM zwischen 14. Juni und 14. Juli müssen die Männer und Frauen der Abfallwirtschaft auf ihre Freunde aus Holland verzichten, deren Nationalteam spielt dieses Mal nicht in Stuttgart. Aber auch ohne Applaus werden sie wieder klaglos die Stadt säubern. In drei Schichten, rund um die Uhr. Am Montagabend hat Markus Töpfer, Geschäftsführer der Abfallwirtschaft (AWS), im Bezirksbeirat Mitte das Reinigungskonzept während der EM vorgestellt.
Wo kommt der Abfall hin?
250 zusätzliche Abfalleimer werden entlang der Königstraße aufgestellt. 200 Mitarbeiter werden im Einsatz sein, von Mitternacht bis 8.45 Uhr, von 8 bis 16.45 Uhr und von 16 bis 0.45 Uhr die Stadt säubern und die Hinterlassenschaften der Fans entsorgen. Eine Zentrale wird in der Heinrich-Baumann-Straße eingerichtet. Der Abfall wird am Hafen abgeladen, am Müllverbrennungswerk sind zusätzliche Kapazitäten geordert.
Wegen der zusätzlichen Arbeit in der Innenstadt könne es sein, dass der Rhythmus der Reinigung in den Außenbezirken gestreckt werden müsse, sagt Töpfer, „von zwei auf vier Wochen ausgedehnt werden muss“.
Gibt es mehr Geld?
Ob die Mitarbeiter zusätzlich durch Boni entlohnt würden, wollten die Bezirksbeiräte wissen. Darüber konnte Töpfer noch keine Auskunft geben, darüber müsse der Gemeinderat diskutieren. Allerdings sei die Abgrenzung schwierig. Wenn man draußen rund um die Uhr reinige, müssten auch die Mitarbeiter in der Kantine rund um die Uhr arbeiten und die Werkstatt rund um die Uhr in Bereitschaft sein. Wer bekomme dann Boni?
Zersplitterte Zuständigkeiten
Man werde auch vier Toilettenanlagen zusätzlich in der Innenstadt aufbauen. Dies betreffe allerdings wie das Reinigungskonzept nur die Flächen, für die die Abfallwirtschaft der Stadt zuständig sei. Auf Landesflächen wie im Schlossgarten seien private Dienstleister zuständig, auf Karls-, Schiller-, Markt- und Schlossplatz mit den offiziellen Fanfesten die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, also auch für Sauberkeit und Toiletten. Sprich: Es wird weit mehr kostenlose Toiletten geben in der Innenstadt. Wie viele, das konnte das Ordnungsamt am Montag allerdings noch nicht sagen. Und wie gesagt, für die Sauberkeit der Landesflächen ist das Referat Vermögen und Bau zuständig. Töpfer macht sich allerdings keine Illusionen: „Das ist wie immer“, sagte er, „wenn im Schlossgarten Müll liegt, rufen die Leute bei uns an, obwohl wir gar nicht zuständig sind.“
Immer wieder Angriffe
Nicht nur das erschwert die Arbeit. Bei den Toilettenanlagen etwa am Kleinen Schlossplatz braucht es mittlerweile Security, weil das Personal es dort immer wieder mit rabiaten Dealern zu tun hat. Und seine Leute schickt Töpfer mittlerweile nur noch zu dritt los. Der Sicherheit wegen. „Wir werden verbal und körperlich angegriffen“, sagte Töpfer, „das trifft alles, was nach Staat aussieht, wie Polizei, Sanitäter, Feuerwehr und die Abfallwirtschaft.“
Die Bezirksbeiräte konnten das kaum fassen. Dass es wirklich Menschen gibt, die Müllmänner attackieren. Doch mit der Vernunft ist es bei manchen nicht so weit her. Sonst hätte die Abfallwirtschaft auch nicht so viel zu tun. Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle: „Würde sich jeder für seinen eigenen Müll verantwortlich fühlen“, müsse man nicht über ein Reinigungskonzept reden.