Regina Merkle vom Grünflächenamt wässert die Stiefmütterchen auf der Agnesbrücke. Foto: Roberto BulgrinRoberto Bulgrin Roberto Bulgrin

Noch nie ist der Frühlingsanfang weniger wahrgenommen worden als in diesem Jahr. Die EZ zeigt allen, die in diesen Tagen das Haus hüten müssen, dass er sich von Corona nicht aufhalten lässt.

Esslingen - Selten war es im Frühling draußen so leer wie in diesem Jahr. Dabei lohnt es sich, den Krisensitzungen und Sondersendungen über die weitere Ausbreitung des Coronavirus ein paar Minuten zu entkommen und wenigstens ein Stück weit wieder Normalität in den Alltag einkehren zu lassen. Social Distancing? ES blüht – und das kann man auch mit nur zwei Augen wahrnehmen. Peeping Tom, die kleinen Narzissen mit den schlanken Trompeten, habe es schon hinter sich, aber am Neckarufer unter dem Pliensauturm, am Rossneckarufer gegenüber dem Amtsgericht oder an den Bahngleisen in Richtung Mettingen: Da läuten die Osterglocken – selbst wenn der traditionelle Gottesdienst in diesem Jahr ausfällt.

Geklotzt und nicht gekleckert

Vor wenigen Wochen – als Corona noch vermeintlich weit, weit weg war – haben die städtischen Gärtner vom Grünflächenamt den nackten Boden unterm Schelztorturm, die Tröge mit dem chinesischen Duftflieder auf der Agnesbrücke, und die Rabatten vor dem Technischen Rathaus mit Stiefmütterchen bestückt. Blau-lila-weiß-gelb ist in diesem Jahr die Farbkombination und die kühleren Temperaturen der vergangenen Woche haben ihnen dahingehend gutgetan, dass sie zwar üppig angewachsen sind, aber nicht schon so krautig in die Höhe schießen. Ursprünglich, bekennt Gebhard Räcke, stellvertretender Leiter des Grünflächenamts, hatte man diese Blümchen immer über Winter in die Erde gedrückt. Aber mit dem Klimawandel seien auch die Sommerblüher bis fast in den November hinein noch ansehnlich gewesen – weshalb man sich die Stiefmütterchen als Zwischenbepflanzung gespart und sie erst aufs Frühjahr gesetzt hat. Dafür habe man geklotzt und nicht gekleckert und ausgesprochen prächtige Exemplare gewählt.

Noch nicht im Vollfrühling

Je nachdem, ob Stöckchen, Sträucher, Stauden und Bäume auf einem Sonnenplätzchen stehen, ob der Wind pfeift oder sie Höhenluft schnuppern, haben sie schon ihre Blüten entfaltet. Während andernorts die Blütenblätter von manch’ prächtigen Magnolien schon zusammengefegt werden müssen, sind die Knospen bei den beiden 150 Jahre alten Bäumen vor der Villa Merkel unten am Neckar erst noch am Aufblühen. Aber wir befinden uns auch noch nicht im sogenannten „Vollfrühling“, worauf Gärtner Räcke zurecht hinweist. Der kommt erst, wenn der weiße Flieder wieder blüht – und die Fieberkurve im ganzen Land hoffentlich wieder sinkt. Aber das ist wieder ein anderes Thema.