Der gelbe Ausweis der Weltgesundheitsorganisation gilt in der Übergangszeit Foto: dpa/Christopher Neundorf

Noch im Juni will die EU-Kommission das IT-Portal für das digitale grüne Zertifikat freischalten. Jeder EU-Staat baut selbst die Infrastruktur für das Zertifikat auf, das den Bürgern etwa den Sommerurlaub erleichtern soll.

Brüssel - Das grüne Zertifikat, das EU-Bürgern den Sommerurlaub erleichtern soll, ist auf der Zielgeraden. Im Juni dürfte die IT-Infrastruktur stehen, die SAP und Deutsche Telekom gerade im Auftrag der Kommission aufbauen. Sie soll dafür sorgen, dass die Corona-Impfnachweise der 27 Mitgliedstaaten miteinander verknüpft werden und eine Kontrolle der Angaben auf dem Dokument mittels QR-Code jederzeit und in der ganzen EU möglich ist. Bis Ende nächster Woche sollen die Tests mit 22 Ländern, darunter auch Deutschland, abgeschlossen sein.

Gleichzeitig zeichnet sich eine Einigung zwischen Europaparlament und Mitgliedstaaten über die Verwendungsmöglichkeiten des digitalen fälschungssicheren Zertifikats ab. Am Donnerstag dürfte der Deal perfekt sein. Grundsätzlich gilt die GGG-Formel: Geimpften, Genesenen sowie Getesteten soll das Zertifikat das Reisen, den Zugang zu Restaurants und öffentlichen Veranstaltungen ermöglichen.

Gelber WHO-Pass in der Übergangsphase

Jeder Mitgliedstaat baut inzwischen selbst die Infrastruktur für das Zertifikat auf. Am 21. Juni soll das EU-Portal scharf geschaltet werden. Es zeichnet sich aber schon jetzt ab, dass Deutschland und einige andere Mitgliedstaaten bis dahin nicht die Daten der Geimpften ins System einpflegen können. Deutschland und andere bestehen daher auf einer Übergangsfrist von sechs Wochen nach dem Start auf EU-Ebene.

Die Verzögerung in Deutschland bedeutet aber nicht, dass Deutsche mit vollem Impfschutz erst sechs Wochen später reisen können. In der Übergangsphase sollen sie den gelben WHO-Impfpass als Nachweis des Impfstatus’ nutzen können. Die Übertragung des Impfnachweises aus dem WHO-Impfausweis auf das digitale Zertifikat kann in den Arztpraxen ablaufen. Um die Ärzte zu entlasten, sollen die Apotheken einbezogen werden. Das Zertifikat soll zunächst ein Jahr gültig sein. Wie es danach weitergeht hängt vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Den Nachweis kann der Inhaber entweder gespeichert auf dem eigenen Handy oder auch als Ausdruck auf Papier mit sich führen.

Geimpfte und Genesene gleichgestellt

Das Zertifikat stellt lediglich die Informationen zur Verfügung. Es bleibt den Mitgliedstaaten sowie Restaurantbesitzern oder Veranstaltern vorbehalten zu entscheiden, welche Rechte vom Dokument ableitbar sind. Zum Beispiel: Für den Restaurant-Besuch könnte der Nachweis eines negativen Schnelltests ausreichen. Für die Teilnahme an einer Kreuzfahrt könnte ein negativer PCR-Test zur Bedingung gemacht werden.

Geimpfte und Genesene sollen gleichgestellt werden. Das halten Experten für sinnvoll, weil die Antwort des Immunsystems in beiden Fällen vergleichbar ist. Als Nachweis einer überstandenen Infektion wird ein positiver PCR-Test sowie ein Antikörpertest akzeptiert.

Alle Impfstoffe, die von der Europäischen Medikamenten Agentur (EMA) offiziell zugelassen sind, werden anerkannt. Derzeit sind vier Impfstoffe anerkannt, das sind die Vakzine von Biontech, Moderna, Astrazeneca sowie Johnson und Johnson. Es wird damit gerechnet, dass schon in wenigen Tagen auch Curevac die Zulassung bekommt. Die Mitgliedstaaten sollen die Möglichkeit haben, für das Zertifikat weitere Impfstoffe anzuerkennen. Dies geht auf die Initiative von Ungarn und anderen Mitgliedstaaten zurück, wo der russische Impfstoff Sputnik sowie das chinesische Vakzin Sinovac zum Einsatz kommen. Jeder einzelne Mitgliedstaat entscheidet darüber, ob er Sputnik-Geimpften aus anderen Ländern dann den Impfstatus zugesteht.

EU will Willkür verhindern

Zunächst hatte das Europaparlament gegenüber den Mitgliedstaaten darauf bestanden, dass das grüne Zertifikat EU-weit die gleiche rechtliche Bedeutung haben soll. Das Europaparlament wollte damit der politischen Willkür einen Riegel vorschieben: So hatte Ungarn in einer Phase mit hohen Infektionszahlen Einreiseverbote gegen alle EU-Länder erlassen, aber die befreundeten Visegrad-Länder trotz hoher Fallzahlen davon ausgenommen. Derzeit werden in Deutschland die Kosten für Covid-Tests unter anderem übernommen, wenn Ärzte oder Gesundheitsämter den Test anordnen. Das Europaparlament wollte durchsetzen, dass die Testkosten für das grüne Zertifikat EU-weit erstattet werden, dürfte sich damit aber nicht durchsetzen.