Die Studie über sexuellen Missbrauch durch Geistliche erschütterte das Freiburger Erzbistum. Sechs Monate später bekommt ein Gremium für Betroffene weiter Nachfragen. Tenor: Auf Worte sollen Taten folgen.
Vor einem halben Jahr löste der Freiburger Bericht über sexuellen Missbrauch durch Geistliche Erstaunen und Kritik aus. Die am 18. April veröffentlichte Studie unabhängiger Experten rechnete vor allem mit der Ära von Erzbischof Robert Zollitsch (85) ab, der bis 2013 in dem großen Erzbistum an der Macht gewesen war. Die Vorwürfe der Vertuschung wogen besonders schwer - der Geistliche war von Februar 2008 bis März 2014 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und damit Gesicht und Stimme der katholischen Kirche gewesen.
Die Bistumsleitung habe bereits vor dem Abschlussbericht gehandelt und auch in den sechs Monaten danach, teilte der Verwaltungschef der Erzdiözese, Christoph Neubrand, nun auf dpa-Anfrage mit. „Wir arbeiten weiter konsequent an Verbesserungen im Bereich Intervention und Prävention. Der Bericht hat Folgen“, versicherte der Generalvikar.
Abläufe bei neuen Meldungen von Übergriffen und sexualisierter Gewalt wurden demnach überprüft und überarbeitet. Das gelte ebenfalls für Auflagen für Beschuldigte. „Auch Arbeitsweisen im Erzbischöflichen Ordinariat, die der Abschlussbericht angemahnt hatte, wurden noch mal in den Blick genommen“, sagte Neubrand.
Nach dem Bericht wurde es still um Zollitsch
Der Betroffenbeirat im Erzbistum bekommt nach eigenem Bekunden Nachrichten von Betroffenen, die sich über das Schweigen der Kirche wundern. „Für viele Betroffene hat sich mit dem Bericht nicht viel geändert. Sie warten darauf, dass Konsequenzen aus dem Bericht gezogen werden, dass den Worten Taten folgen. Aus ihrer Sicht ist dies bislang nicht erfolgt“, berichtete das unabhängige Gremium zur Unterstützung Betroffener auf Anfrage.
Der Beirat habe sich auch mehr Tempo gewünscht. „Es mag sein, dass ordinariatsintern Maßnahmen ergriffen wurden, nach außen ist aber nichts Wahrnehmbares passiert.“ Der Bericht habe aber insgesamt zu einer Sensibilisierung der Menschen für das Thema beigetragen. Bis etwa Mitte Juli habe es viele Anfragen von Betroffenen, Angehörigen von Betroffenen, Pfarrgemeinden und Kirchenmitarbeitern gegeben. „Viele wollten von uns Einschätzungen zu Fragestellungen erhalten, ihre Solidarität bekunden, aber auch ihren Unmut loswerden.“ Mittlerweile sei die Mailflut aber zurückgegangen.
Nach dem Bericht wurde es still um Zollitsch, der keine Ämter mehr hat und zu den Vorwürfen in dem Bericht geschwiegen hatte. Der Alt-Erzbischof gab allerdings sein Bundesverdienstkreuz und andere hohe Auszeichnungen zurück. Die Bistumsleitung beschloss zudem, die Porträts von Zollitsch und dessen verstorbenem Amtsvorgänger Oskar Saier im Bischofssitz abzuhängen.