Nach dem gewaltsamen Tod einer 22-Jährigen sieht man in Österreich ein wachsendes Problem der Gewalt von Männern gegen Frauen.

Die 22-Jährige hatte noch zwei Arbeitskollegen per Videotelefonat von der Wohnung in Wien um Hilfe gerufen. Doch es war zu spät. Als die beiden und die von ihnen alarmierte Polizei kamen, war die Frau schon tot – erschlagen von ihrem Mitbewohner mit einer Axt. Auf der Straße stießen die Polizisten auf den Mann – einen 26 Jahre alten Rumänen –, der mit dem Tatwerkzeug ein Auto der Einsatzkräfte demolierte. Er ging auch auf die Beamten los und wurde von ihnen erschossen. In der Wohnung fanden sie die Leiche des Opfers, einer Frau, die aus Chile stammte.

Große Bestürzung in ganz Österreich.

Der Mord im Wiener Stadtteil Floridsdorf löst in ganz Österreich große Bestürzung aus. Denn Femizide nehmen zu in der Alpenrepublik. Unter Femiziden versteht man ein Gewaltverbrechen von Männern an Frauen und Mädchen – verübt wegen ihres Geschlechts. Die Botschaft des Floridsdorfer Bezirksvorsteher Georg Papai (SPÖ) ist eindeutig: „Gewalt gegen Frauen hat hier keinen Platz, sie hat nirgendwo einen Platz.“

Die Erschütterung ist auch deshalb so groß, weil Erinnerungen an den 23. Februar dieses Jahres wach werden. An jenem „schwarzen Freitag“, wie ihn der Österreichische Frauenring bezeichnet, wurden in Wien fünf Frauen und Mädchen ermordet. Damals hatte man vormittags eine 51-jährige Österreicherin und deren Tochter (13) tot aufgefunden. Unter dringendem Tatverdacht steht der seitdem verschwundene Ehemann und Vater. Nach Polizeiangaben könnte er sich das Leben genommen haben. Die Familie galt als gut situiert, der Mann war Berichten zufolge Finanzbuchhalter.

Am Abend desselben Tages ermordete mutmaßlich ein afghanischer Asylbewerber drei Frauen in einem asiatischen Bordell mit einem Messer. Der 27-Jährige sitzt in Untersuchungshaft. Über das Tatmotiv wird spekuliert. Er könnte von den Frauen zu später Stunde abgewiesen worden sein und sich in seiner „Ehre“ gekränkt gefühlt haben.

Demonstrationen gegen Femizide

Danach kam es zu einer Demonstration gegen Femizide, Vereine und die Politik riefen nach einem besseren „Gewaltschutz“ für Frauen. Wie der Schutz allerdings konkret aussehen könnte, ist bislang unklar. EU-weit gebe es in Österreich die meisten Femizide – bezogen auf die Einwohnerzahl, sagt die SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner. Die tatsächlich erfassten Zahlen liefern jedoch nur ein ungenaues Bild. So sind etwa in manchen Jahren in der Vergangenheit mehr Frauen als Männer in der Alpenrepublik getötet worden, was ungewöhnlich ist.

In diesem Jahr gab es bisher zwölf Femizide und 25 Fälle von schwerer Gewalt. 2023 wurden 26 Frauen getötet, deren Tod als Femizide gewertet wurden. In vielen Fällen davon sind die Ehemänner oder Partner die Täter. Jede dritte Frau gab in einer Befragung des Statistikamtes an, schon einmal Opfer von körperlicher beziehungsweise sexueller Gewalt geworden zu sein.

Frauenorganisationen und Parteien betonen zwar häufig, dass es in allen Gesellschaftsschichten und Nationen Gewalt von Männern an Frauen geben würde, dennoch verwies Andrea Brem, Leiterin der Wiener Frauenhäuser, im ORF darauf, dass 40 Prozent der Täter einen Migrationshintergrund hätten. Julia Broz, ebenfalls von den Wiener Frauenhäusern, sagte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass die Gewalt an Frauen ein „Spiegel der Gesellschaft“ sei auch mit „tiefsitzenden Rollenbildern“. Viele Täter seien zudem Österreicher und nicht ausländischer Herkunft. Frauen gegenüber bestehe seitens der Männer häufig ein „Besitzdenken“.

In Wien sind derzeit 770 Frauen in Frauenhäusern untergebracht. Jeder Frau, die nach einer Beratung frage, werde auch geholfen, sagt Julia Broz. Doch die Hemmschwelle bei Frauen, sich mit solchen Problemen auseinanderzusetzen, sei noch immer hoch.