Für Hamilton war es der 102. Sieg seiner Formel-1-Karriere und der siebte der Saison. Foto: AFP/ANDREJ ISAKOVIC

Zweiter Sieg nacheinander. Hamilton verkürzt weiter den Rückstand im erbitterten WM-Kampf. Die Premiere in Katar wird zur Solo-Show des Briten mit einer besonderen Note im Kampf für Menschenrechte. Verstappen wird Zweiter - von Startplatz sieben aus.

Doha - Mit seinem neuen demonstrativen Regenbogen-Helm hat Lewis Hamilton die Formel-1-Premiere im umstrittenen Emirat Katar gewonnen und dank einer erneuten Machtdemonstration seine Aufholjagd im erbitterten WM-Kampf fortgesetzt. Der siebenmalige Weltmeister fuhr am Sonntag auch vor den Augen von FIFA-Boss Gianni Infantino exakt ein Jahr vor Beginn der Fußball-WM einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg in seinem Mercedes ein. Hamilton verwies auf dem Losail International Circuit den vor dem Start strafversetzten Max Verstappen im Red Bull mit über acht Sekunden Vorsprung auf den zweiten Platz. „Fantastischer Job, Jungs, fantastisch“, lobte Hamilton via Funk. „Wir können es schaffen.“

Dank einer letztlich starken Rennvorstellung und der schnellsten Runde verteidigte Verstappen zumindest seine WM-Führung. Vor dem nächsten viel diskutierten Rennen in zwei Wochen in Saudi-Arabien und dem Finale am 12. Dezember in Abu Dhabi schrumpfte der Vorsprung aber auf nur noch acht Punkte. Dritter wurde beim 102. Grand-Prix-Sieg nach der 102. Grand-Prix-Pole von Hamilton sensationell der zweifache Weltmeister Fernando Alonso mit 40 Jahren im Alpine. Sebastian Vettel holte im Aston Martin einen Punkte als Zehnter. Mick Schumacher wurde im Haas 16.

„Es hätte nicht schlimmer kommen können“

Verstappen betrieb gegen einen rechtzeitig zur entscheidenden WM-Phase wieder erstarkten Hamilton maximale Schadensbegrenzung, nachdem die Stimmung beim ehemaligen Branchenführer schon mächtig im Keller gewesen war. Zunächst verpasste Sergio Perez im zweiten Wagen die Top Ten in der Qualifikation und fehlte als taktischer Gehilfe im Kampf gegen die Silberpfeile als letztlich Vierter.

Und dann bekam Verstappen knapp zwei Stunden vor dem Rennstart auch noch eine Strafe von fünf Positionen nach Missachtung - wenn auch fälschlich - doppelt geschwenkter Gelber Flaggen in der K.o.-Ausscheidung. Startrang sieben statt zwei direkt neben Pole-Hamilton.

„Es hätte nicht schlimmer kommen können“, wütete Red Bulls Teamchef Christian Horner. „Es ist unglaublich. Wir haben einen Milliardensport“ und der Internationale Automobil-Verband habe die Stewards nicht im Griff. Einer der Streckenposten hatte selbstständig doppelt gewunken. Nur sehen und beachten müssen hätte Verstappen das trotzdem.

Vergifteten Titelkampf zwischen Red Bull und Mercedes

Getose und Gepolter gehören aber seit Wochen zum vergifteten Titelkampf zwischen Herausforderer Red Bull und Titelverteidiger Mercedes. Silberpfeil-Teamchef Toto Wolff hatte eine Woche zuvor, als ein äußerst diskutierbares Verstappen-Manöver gegen Hamilton in Brasilien nicht mal angeschaut worden war, bereits das Ende der Diplomatie ausgerufen.

Also stand nicht Verstappen, sondern Pierre Gasly im Schwester-Team von Red Bull (Alpha Tauri) neben Hamilton. Dahinter Alonso und Lando Norris im McLaren, weil Bottas auch zurück musste, allerdings nur drei Plätze wegen der Missachtung einfach geschwenkter Gelber Flaggen. Und alle drei hinter Hamilton hatten die schnelleren weicheren Reifen drauf. Höchstüberholgefahr beim Start.

Aber Hamilton behauptete souverän seine Pole, während Alonso sich an Gasly vorbeischob und knallhart gegen Raketenstarter Verstappen hielt. Der Niederländer preschte unter anderem an Bottas vorbei, der bis auf Rang elf zunächst zurückfiel, und machte weiter Druck, er schnappte sich Gasly und dann auch Alonso. Schadensbegrenzung nach nicht mal einem Zehntel des Rennens optimiert, der Rückstand auf Hamilton: vier Sekunden. Den solle er auch halten, bekam der Brite vom Mercedes-Kommandostand gefunkt.

Helm in Regenbogenfarben

Und so passierte erstmal wenig. Wie frappierend die Hamilton-Dominanz eine Woche nach seinem famosen Sieg in Sao Paulo war, zeigte das Zeitentableau: Vor dem ersten Boxenstopp lag Alonso auf Platz drei über eine halbe Minute zurück. Und so konnte der Superstar, der mit seinem neuen Helmdesign die LGBTQIA+-Community auf der Arabischen Halbinsel unterstützen will, entspannt auf den Reifenwechsel von Verstappen reagieren. Er selbst wollte zwar gar nicht und haderte, die Box holte ihn aber rein. An der Reihenfolge änderte es nichts.

Welche Risiken eine Einstopp-Strategie hatte, zeigte sich bei Bottas, der mit einem platten linken Vorderrad durch den Kies und Funkenschlagend zurück über die Strecke Richtung Box dümpelte und letztlich ausschied. Auch beim zweiten Reifenwechsel kam zuerst Verstappen rein, Hamilton konnte reagieren. Nun wurde es nur noch spannend, wer sich den einen Punkt für die schnellste Rennrunde sichern würde.