Vor dem Grand Prix in Silverstone würden einigen Teamchefs eine Gehaltsobergrenze für die Fahrer gefallen – aber nicht alle spielen bei dieser Zwangsmaßnahme mit.
Wie Dagobert Duck sparen müssen die Rennställe der Formel 1 nicht. Der Geizhals aus der Disney-Welt hält seine Taler penibel zusammen, die Teamchefs dürfen 140 Millionen Dollar (134 Millionen Euro) in dieser Saison ausgeben. Es gilt eine Kostenbremse, sie soll für mehr Chancengleichheit zwischen den kleinen Privattrupps und den großen Konzernteams sorgen und dafür, dass die Welttournee finanziell besser kalkulierbar ist. Vor dem Grand Prix von Großbritannien an diesem Sonntag (16 Uhr) streiten sich die Teamchefs, ob das Budgetlimit wegen der Inflation erhöht werden muss, weil die Kosten für Reisen, Logistik und Entwicklung davonrasen. Ein Kompromiss zeichnet sich ab: Rechteinhaber Liberty Media könnte den Teams Geld spendieren, das nicht unters Limit fällt. Die Rede ist von bis zu vier Millionen Dollar.
Zudem wird diskutiert, ob die Gehälter der Fahrer und der drei bestbezahlten Teammitglieder künftig gedeckelt werden, aktuell sind sie nicht limitiert. Dann müssten Red Bull und Mercedes bei den Autos und dem Rest der Mannschaft jeden Cent dreimal umdrehen – die Bullen-Fahrer Max Verstappen (40 Millionen Euro) und Sergio Perez (7,5) kommen auf fast ein Drittel des Gesamtetats, die Silberpfeil-Piloten Lewis Hamilton (40) und George Russell (4,5) liegen nur wenig drunter. „Alles Leistungsrelevante muss sich innerhalb eines Limits bewegen“, forderte McLaren-Teamchef Andreas Seidl, „deswegen sind wir für solche Vorschläge offen.“
Dass sich die Qualitäten des Piloten aufs Ergebnis auswirken, bezweifeln nur massive Motorsport-Skeptiker – so müsste im Sinne der Chancengleichheit auch hier eine Obergrenze gelten. Angedacht sind 30 Millionen Dollar (28,7 Millionen Euro) für beide Fahrer, wobei für kürzlich geschlossene Verträge wie von Ferrari-Star Charles Leclerc oder den Red-Bull-Chauffeuren Übergangsfristen gelten. Ferrari und Mercedes finden wie Red Bull, dass zunächst das Budgetlimit in den Griff gebracht werden müsse, bevor der nächste Schritt erfolgt.
Das sehen nicht alle so. Die Team-Prinzipals Othmar Szafnauer (Alpine) und Frederic Vasseur (Alfa Romeo) meinen, man möge die Fahrergehälter deckeln. Warum? Wer weniger für die Piloten ausgibt, kann das gesparte Geld in die Technik stecken. Wer Fahrer besser bezahlt, muss am Auto abspecken. „Das ergibt Sinn für den Wettbewerb“, findet Alfa-Mann Vasseur.
Darin steckt Brisanz. Ein Team könnte, um sich teure Piloten leisten zu können, Teile der Belegschaft entlassen, weshalb die Einigung so aussehen könnte: Der Topf für die Fahrergehälter umfasst maximal 28,7 Millionen Euro, wird weniger benötigt, kann die eingesparte Summe für andere Investitionen verwendet werden. Aber auch hier findet sich ein Schlupfloch, wenn etwa ein Sponsor das Gehalt oder Teile davon übernimmt. „Die Formel-1-Fahrer sind die besten der Welt“, betonte Mercedes-Teamchef Toto Wolff, „also sollen sie Gehälter verdienen wie die anderen Topstars des Sports.“
In Profi-Ligen sind solche Salary Caps für die Aktiven etabliert. In der nordamerikanischen Football-Liga NFL liegt die Gehaltsobergrenze für den 53er-Kader in der nächsten Saison bei 208,2 Millionen Dollar (199 Millionen Euro), in der Basketball-Liga NBA bei 109,1 Millionen Dollar; zahlt ein Club eine sogenannte Luxussteuer, darf er mehr ausgeben. So ist das auch in der Baseball-Liga MLB, wo 208 Millionen Dollar als Obergrenze gelten. In der Eishockey-Liga NHL liegt das Maximum bei 81,5 Millionen Dollar, in der Fußball-Liga MLS bei 4,9 Millionen Dollar pro Team, wobei zwei Profis nicht darunter fallen, womit sich Teams Topstars leisten können.
Das funktioniert, wenngleich die Manager trickreich Regularien ausreizen oder sich in einen Graubereich wagen – es gibt Handgelder, Verträge werden gesplittet oder auf eine lange Laufzeit ausgelegt, es werden für alle möglichen Anlässe Boni bezahlt.
„Wir unterstützen die Einführung einer Gehaltsobergrenze für die Fahrer“, sagte McLaren-Teamchef Seidl. Die Piloten sind nicht begeistert, Ex-Weltmeister Fernando Alonso lehnte ab: „Wir machen mehr Veranstaltungen, wir sind häufiger in Kontakt mit Fans, die Formel 1 profitiert von uns, also sollten wir ausgenommen sein.“
Unrecht hat der Spanier nicht, die Umsätze der Serie haben sich auf 14 Milliarden Euro katapultiert. Weltmeister Max Verstappen sagt: „Eine Gehaltsdeckelung halte ich für falsch. Die Formel 1 wird immer populärer, jeder profitiert davon – also sollten es auch die Piloten.“ Lewis Hamilton, wie Verstappen Spitzenverdiener mit 40 Millionen Euro Salär, sieht das ähnlich. „Ich bin nicht mehr lange dabei, aber die junge Generation sollte nicht gebremst werden“, sagte der 37-Jährige. Sein Vermögen wird auf 250 Millionen Euro geschätzt, da muss der Rekordweltmeister fleißig sparen, um so reich zu werden wie Dagobert Duck.