„But Here We Are“, das erste Album der Foo Fighters nach dem Tod ihres Schlagzeugers Taylor Hawkins, setzt auf Trotz-alledem-Rock.
Es ist nicht das erste Album in der Popgeschichte, das mit einem weißen Cover erscheint. Die Idee hatten bekanntlich schon die Beatles. Und später zum Beispiel auch Tocotronic und, ja, sogar die Böhsen Onkels. Bei „But Here We Are“, dem neuen Album der Foo Fighters, steht das Weiß für einen Neuanfang: Im März 2022 starb Taylor Hawkins, der seit 1999 Schlagzeuger der Band war. Als die Foo Fighters am Freitag beim Festival „Rock am Ring“ ihr neues Album vorgestellt haben, saß zwar schon Josh Freese, der neue Mann am Schlagzeug. Auf „But Here We Are“ ist aber Frontmann Dave Grohl, der einst der Schlagzeuger von Nirvana war, an den Drums zu hören.
Das leere Cover ist jedenfalls eine trotzige Geste, ein Bekenntnis zum Weitermachen, ohne zu wissen, wie man eigentlich weitermachen soll. Es steht für die Fassungs- und Orientierungslosigkeit, die auf Hawkins’ Tod für Dave Grohl und seine Band folgte. Und tatsächlich ist Album ist letztlich eine einzige laute, störrische Durchhalteparole. Vom etwas holprigen Titelsong „But Here We Are“, über die mit viel Chorus versehene Ballade „Show Me How“ bis zum sperrig-schönen Schrammelrockfinale „Rest“ – eigentlich alle Song auf dem neuen Album vertonen Trauerarbeit und Traumabewältigung.
Elisabeth Kübler-Ross hätte Spaß an den zehn Songs, die sich zu Powerchords und hymnischen Refrains exemplarisch an den fünf Trauerphasen (Leugnen, Wut, Feilschen, Verhandeln, Depression, Annahme) abarbeiten. Der Opener „Rescued“ etwa setzt sich nicht nur mit dem plötzlichen Tod Hawkins’ auseinander („It came in a flash/It came out of nowhere“), sondern auch damit, wie ein solcher Verlust verkraftet werden kann – und welche Bedeutung dabei Freunde, Familie und die Musik spielen.
Die Lust an der Selbstreflexion hat Tradition im Werk der Foo Fighters – wie zum Beispiel im grandiosen „Times Like These“ aus dem Jahr 2003. Auf „But Here We Are“ bekommt sie aber noch mehr Gewicht als sonst. Die Platte ist eine Nabelschau voller schwerer Gitarren und großer Empfindsamkeit. Das Album verpackt den üblichen Post-Grunge-Powerrock der Band in bittersüße Melancholie. In guten Momenten klingen die Gitarrenwände nach Hüsker Dü („Under You“), in schlechten kommen einem die Foo Fighters wie eine Mainstreamcombo vor, die sich hinter ein paar Riffs versteckt hat („Hearing Voices“).
Nicht alle Songs auf „But Here We Are“ taugen zum Klassiker. Neben Routinenummern wie „The Glass“ oder „Beyond“ findet sich aber auch der eine oder andere Song, bei dem die Foo Fighters nicht das machen, was man von ihnen erwartet, sich nicht gleich auf Powerchords stürzen. Zum Beispiel in dem Lied „Nothing At All“, das sich im Refrain von einer zackigen New-Wave-Nummer in eine Grungerocker verwandelt. Oder im herrlich sperrigen Rockepos „The Teacher“.
Trotzdem: Nach Neuanfang klingt das Album nicht wirklich. Der Tod Taylor Hawkins’ ist zwar ein entscheidender Einschnitt in der Biografie der Band. Eine musikalische Wende stellt er aber nicht da. Fans bekommen weiterhin den Sound vorgesetzt, der sich seit dem Debüt der Foo Fighters aus dem 1995 nicht wirklich verändert hat.
Foo Fighters: But Here We Are. RCA International/Sony Music