Die Stadt Steinheim fördert ihre Vereine mit einer mobilen Theke. Kreative Ideen sind offenbar gefragt, damit Kommunen das Ehrenamt wirkungsvoll unterstützen.
Kostenlos anmietbar ist in Steinheim „Steppis Veschberkärrele“, liebevoll benannt nach dem Mammut im Kreisverkehr der Urmenschstadt. Das Angebot der Kommune soll den Vereinen helfen, nach dem Ende der Coronabeschränkungen wieder mehr Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich engagieren. Auch in anderen Städten im Landkreis Ludwigsburg gibt es Ideen, Vereine kreativ zu stärken.
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Schon vor der Corona-Krise bröckelte es überall im Land in den Vereinen. Überalterte Mitglieder sahen nicht mehr ein, warum sie sich in stundenlangen Schichten abmühen sollten, während jüngere Vereinsmitglieder noch nicht einmal bereit waren, einen Kuchen für ein Fest zu backen. Die Pandemie-Auflagen verstärkten den Trend.
Geld allein macht die Vereine nicht glücklich
Den Vereinen eine Brücke bauen will in Steinheim der Bürgermeister Thomas Winterhalter: „Es war schon vor Corona schwierig, Helfer zu finden“, sagt er. Der Verkaufswagen habe alles, was bei einem Fest gebraucht werde: Kühlschränke, Grill, Fritteuse und Spülen. Die Vereine hinterlegen lediglich eine Kaution von 300 Euro und geben den Verkaufswagen hinterher gereinigt wieder ab. Die mobile Theke stammt von einem Gastronomen, er überließ ihn der Stadt für rund 10 000 Euro. „Steppis Veschberkärrele ist wetterfest, und man kann es über Nacht auch mal stehen lassen“, erklärt der Bürgermeister, der das als kreative Vereinsförderung ansieht, denn: „Geld allein holt noch keine Leute in den Verein.“
In Kornwestheim können Vereine den Hirschgarten anmieten
Für Oliver Hicking, den Vorsitzenden des Stadtausschusses für Sport und Kultur Kornwestheim, ist ein Wagen wie jener in Steinheim nur sinnvoll, wenn „die Vereine genug Personal haben, um ein solches Angebot auch zu nutzen.“ Während der Pandemie seien manche Ehrenamtliche abgesprungen, die nun fehlten. In Kornwestheim gebe es die Möglichkeit für Vereine, den Hirschgarten anzumieten. Er gehört der Stadt, die vertraglich geregelt hat, dass es Zeitfenster für Vereine gibt. „Dort lässt sich etwas auf die Beine stellen, Veranstaltungen mit Essensverkauf können organisiert werden“, sagt Hicking.
Nicht abgerufene Fördermittel werden jetzt ausgeschüttet
Der Kornwestheimer Ausschuss-Vorsitzende hebt auch hervor, dass die Stadt bei künftigen Veranstaltungen, etwa dem geplanten „Stars und Sternchen“-Marktplatzfest die Bedürfnisse von Vereinen mitdenkt, und während der Pandemie nicht abgerufene Fördermittel aus Vorjahren an die Vereine ausgegeben hat. Und: „Am Wochenende sind endlich wieder unsere Kornwestheimer Tage, wo wir auf viele Besucher hoffen und darauf, Geld für die Vereinsarbeit erwirtschaften zu können.“
Beim Fest in Eglosheim müssen Vereine erst mal viel erwirtschaften
Tatsächlich haben viele Vereine durch die Corona-Krise einerseits viel Geld gespart, da sie in der Pandemie wenig für Lizenzgebühren, Übungsleitergeld, Reisekosten ausgegeben haben – doch jetzt an Menschen zu kommen, die sich in der Öffentlichkeit bei Festen engagieren, gestaltet sich noch schwieriger. Zwei Tage lang mühten sich Anfang Mai etwa rund 20 Mitglieder der Feuerwehr in Eglosheim beim Kelterplatzfest ab. Auch wenn Abteilungskommandant Peter Klumpp das Team und die Stadt lobt, weil sie etwa Wasser kostenlos zur Verfügung stelle und keine Standgebühren erhebe, bleibe nur recht wenig für einen Ausflug in der Feuerwehrkasse, kritisiert ein Insider. Alle Vereine müssten beim Fest rund 11000 Euro erwirtschaften, um Auflagen wie für Security, Absperrung und Toilettenwagen zu erfüllen, erklärt Heidrun Martini, Vorsitzende des Ausschusses für das Kelterplatzfest, der das Geld von den Vereinen dafür erhält.
Müssen die Vereine auf Festen und an Schulen mehr werben?
Nach wie vor bewirteten viele Ältere, so Martini. Jüngere hätten nicht eine solche Bindung zum Verein. Der SKV Eglosheim wolle dieses Gefühl wieder entstehen lassen und setze vermehrt auf Angebote für die ganze Familie wie etwa ein gemeinsames Zirkeltraining. „Wir gehen mit unserer Turnabteilung wieder in die Schulen und stellen unsere Angebote vor.“ Die Vereine sollten auf Festen stärker werben, findet sie.
Direkte Kontakte mit den Vereinen fördern will die Stadt Marbach. Sie verändert deshalb ihren Neubürgerempfang am 16. Juli. „Wir wollen die Bürger in Bewegung bringen – sie können jetzt nach dem Empfang direkt zu den Vereinen gehen oder radeln und sie an deren Ort besuchen“, erklärt Andrea von Smercek, bei der Stadt für bürgerschaftliches Engagement zuständig.
Der Schaden durch die Corona-Vorgaben ist schwer zu messen
Eindeutige Schlüsse, wie stark die Coronakrise die Vereinslandschaft verändert hat, seien laut Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration des Landes nicht möglich. So sei es bei rund 23 Prozent der Organisationen durch die Coronakrise zu Kündigungen von Mitgliedschaften gekommen, teilt das Ministerium mit. Das habe eine Studie im Juni 2021 ergeben. Überwiegend hätten allerdings keine engagierten Mitglieder gekündigt, sondern nur Personen, die Angebote nutzten, so das Ministerium. Die Pandemie habe auch dazu geführt, dass es deutschlandweit in 22 Prozent der Organisationen mehr Engagierte und Mitglieder gebe. Das Land habe kürzlich das Förderprogramm „Gemeinsam engagiert in BW“ aufgelegt. Darin bezuschusse das Land bürgerschaftliche Projekte mit 5000 bis 15 000 Euro.
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