Ortsbaumeister Marlon Bier (von links) unterstützt Thomas Ruppert und Marius Henle beim Aufstellen des Mikrofons. Foto: Roberto Bulgrin

Baltmannsweiler liegt in der Einflugschneise des Stuttgarter Flughafens. Jetzt will der erstmals die Lärmbelastung durch Flugzeuge in der Gemeinde untersuchen.

Baltmannsweiler - Auf der Dachterrasse des Rathauses von Baltmannsweiler wird es zunehmend schwieriger, das eigene Wort zu verstehen. Ein Flugzeug hat gerade eingedreht und überfliegt den Ort mit dem Ziel Flughafen. „Mich freut es, dass solche Flugbewegungen und die daraus resultierende Lärmbelastung jetzt dokumentiert werden“, sagt der Bürgermeister Simon Schmid. Seit Mittwoch steht nämlich auf dem Dach der Rathauses ein Richtmikrofon der Firma Topsonic und nimmt den Lärm der vorbeifliegenden Flugzeuge auf.

Aufgestellt haben es Marius Hendel, der beim Flughafen für das Themengebiet Fluglärm in der Abteilung Umwelt- und Energiemanagement zuständig ist, und seine Kollegen. Wie auch andere Schurwaldgemeinden und die Kommunen des Gemeindeverwaltungsverbandes (GVV) Plochingen liegt Baltmannsweiler im östlichen Flugkorridor des Flughafens. Insbesondere sei man dort durch Landeanflüge belastet. Im Juli des vergangenen Jahres hatte darum der Rat der Gemeinde Baltmannsweiler beschlossen, der interkommunalen Resolution gegen Fluglärm des GVV beizutreten. Ein Jahr später hatte der Flughafen die Gemeinde informiert, dass der Schurwaldort bei einer Messkampagne berücksichtigt werden soll, die zwischen August und Oktober läuft.

„Dass überhaupt auf dem Gemeindegebiet erstmalig eine Messkampagne durchgeführt wird, ist ein gutes Signal, dass die Belange der Gemeinde Baltmannsweiler berücksichtigt werden“, hatte der Ortsbaumeister Marlon Bier dies kommentiert. Die Erwartungshaltung daraus dürfe aber nicht zu ambitioniert ausfallen. Obwohl der Gemeinderat Bedenken dabei hatte, die Messung in der wegen Corona immer noch recht flugarmen Zeit zu machen, stimmte das Gremium letztlich einstimmig dafür, das Mikrofon zunächst für einen Monat auf dem Dach des Rathauses in Baltmannsweiler und danach auf dem Dach des Verwaltungssitzes in Hohengehren aufzustellen.

Messgerät könnte länger bleiben

Marius Hendel, der Ortsbaumeister Marlon Bier und der Bürgermeister Schmid haben am Mittwochmorgen das Aufstellen des Fluglärmmessgeräts begleitet. Mindestens einen Kalendermonat wird das Richtmikrofon auf dem Dach bleiben. „Wenn die Messwerte aber nicht repräsentativ sein sollten, bitten wir um Wiederholung“, so der Bürgermeister. Damit gibt er die Wünsche diverser Ratsmitglieder wieder, die befürchtet hatten, ihre Lärmbelastung könnte aufgrund der verminderten Flugbewegungen nicht richtig abgebildet werden.

Marius Hendel versichert, wenn die Werte nicht verwertbar seien, könne das Gerät auch länger in Baltmannsweiler bleiben. In einer Kommune, in der die Messung nur im April hätte stattfinden sollen – als nahezu alle Flugzeuge am Boden blieben – hätte man den Messzeitraum bis Ende August verlängert, um möglichst repräsentative Ergebnisse zu bekommen, sagt Hendel.

Zusätzlich zu seinen acht stationären Fluglärmmessstationen startet der Stuttgarter Flughafen regelmäßig Messkampagnen in umliegenden Kommunen, um im Sinne des Fluglärmschutzgesetzes verlässliche Daten zur Lärmbelastung zu sammeln. Das hochwertige Mikrofon wird bei der mobilen Messung auf einem Stativ angebracht, mit dem es bis zu acht Meter in die Höhe gefahren werden kann. Das ist nötig, weil im Umkreis von zwei Metern um das Mikrofon keine Hindernisse stehen dürfen. Diese könnten die Schallwellen reflektieren und das Ergebnis verfälschen.

Flughafen erstellt Lärmbericht

Auf dem Flachdach des Rathauses muss das Stativ nicht erhöht werden, denn ringsum gibt es keine Hindernisse. Das Mikrofon wird an einen zentralen Rechner angeschlossen, der ständig die Aufnahmen auswertet. Den Strom stellt die Gemeinde. Das Gerät wird an die gleiche Stromversorgung angeschlossen, die sonst für die Weihnachtsbeleuchtung benutzt wird. Damit Straßenlärm gar nicht erst mit in die Wertung einfließt, wird ein sogenannter Messschwellenpegel eingestellt, der 15 Dezibel über dem Hintergrundgeräusch liegt. Der zylinderförmige Empfangsbereich des Mikrofons ist variabel einstellbar. In Baltmannsweiler hat er einen Radius von drei Kilometern.

Der Rechner ist außerdem mit der Radaranlage am Flughafen gekoppelt. Registriert das Mikrofon ein Geräusch, das über dem Schwellenwert liegt, gleicht es der Rechner mit den aufgezeichneten Flugbewegungen ab. Passen die Flugbewegungen zu dem Lärm, wird ein Fluglärmereignis festgehalten.

Wenn die Messungen in Baltmannsweiler und Hohengehren abgeschlossen sind, werden sie ausgewertet und es wird ein Bericht erstellt. Mit diesem rechnet die Verwaltung bis Ende des Jahres.