Studioinhaberin Marion Schmidt ist von Waltraud Rüdenauer begeistert. Foto: Caroline Holowiecki

Die Stuttgarterin Waltraud Rüdenauer geht zweimal die Woche ins Fitnessstudio. Da warten dann Übungen an 14 Geräten auf sie. Für die vitale Degerlocherin ein Klacks. Dabei feiert sie bald ihren 95 Geburtstag.

Erst die Beinpresse, dann der Latzug, um die Rückenmuskeln zu trainieren, dann geht’s mit Hanteln auf den Stepper, denn das ist gut fürs Gleichgewicht. Waltraud Rüdenauer kennt ihren Weg durch den Gerätedschungel im Sportstudio blind. Zweimal die Woche tritt sie vormittags den Weg von daheim in Degerloch zu Frauenfitness in Möhringen an, um dort ihren Körper zu stählen. Dreimal hintereinander macht sie dann die Runde mit den 14 unterschiedliche Geräten, und zum Schluss steht noch das Lockern an, erklärt sie. So weit, so normal? Tatsächlich ist Waltraud Rüdenauer eine Ausnahmeerscheinung in der Muckibude – und wäre wahrscheinlich eine in 99,99 Prozent aller Fitnessstudios im Land. Im Dezember feiert sie ihren 95. Geburtstag. Damit ist sie mit Abstand die älteste Sportlerin im Studio.

Die Seniorin macht auch Tai Chi

Modernes Funktionsshirt, schlanke Figur, drahtige Arme, an denen sich der Bizeps sichtbar wölbt: Ihr Alter sieht man der Seniorin nicht an. „Das sagen alle“, sagt sie und lächelt verschmitzt. Waltraud Rüdenauer hält sich nicht nur im Studio fit, auch daheim trainiert sie. Formen der asiatischen Bewegungskunst wie Tai Chi haben es ihr angetan. „Das tut dermaßen gut“, sagt sie.

Schon als junge Frau habe sie immer Sport getrieben – Geräteturnen, Leichtathletik und Waldlauf zählt sie auf. Ihre gute körperliche Verfassung habe ihr geholfen, so manches gesundheitliche Tief zu überstehen. „Mein Arzt sagt, man merkt, dass ich immer Sport getrieben habe.“ Und sie denkt noch lange nicht ans Aufhören. Schließlich ist die Seniorin topfit.

„Waltraud schnallt’s sofort“

Marion Schmidt, die Inhaberin von Frauenfitness, ist voll des Lobes für ihr betagtes Mitglied. „Wir haben hier schon einige 80 plus, aber bei über 90 ist sie die Einzige“, sagt sie. Mit ihrer Energie und ihrer Disziplin sei Waltraud Rüdenauer ein Vorbild, „total, vor allem für die jungen Leute“.

Schon mehrfach habe Marion Schmidt die agile Oma fotografiert und die Bilder bei Facebook gepostet. „Sie kriegt richtig viele Likes.“ In puncto Beweglichkeit müsse sie sich trotz ihres hohen Alters nicht hinter den Jüngeren verstecken, und auch bei den Choreografien stehe sie den anderen in nichts nach. „Die Waltraud schnallt's sofort“, sagt Marion Schmidt lächelnd. Waltraud Rüdenauer selbst kann das Bohei um ihre Person nicht so richtig verstehen. Sport sei halt ihr Hobby. „Ich freue mich drauf. Ich muss mich nicht überwinden“, sagt sie. Vielmehr möchte sie ermuntern, dass Menschen auch in ihrem Alter mehr für sich und ihren Körper tun und sich nicht gehenlassen. Selbst im Sitzen könne man sich betätigen. „Das ist kolossal wichtig.“