Vermessene Schüler? Foto: Simon Hoffmann/z

Keiner ist glücklich. Alle hadern sie: Lehrer, Eltern und Schüler. Trotzdem ändert sich nichts. Eine Gruppe aus Stuttgart will das nicht mehr hinnehmen und zeigt in einem Film, wie es anders gehen könnte.

Sie tragen das Bildungssystem zu Grabe. Vier Schüler schleppen einen Sarg und stopfen ihn in einen Container. Die Schule, so wie sie ist, die wollen sie nicht mehr, die ertragen sie nicht mehr.

Tracy Osei-Tutu sagt unter Tränen, dass sie in der Schule nach und nach ausgehöhlt worden sei, „ich habe gelernt ein Leben an der Oberfläche zu führen, nur mein Äußeres war wichtig.“ Mira Drews sagt, sie habe mit 17 die Schule abgebrochen, „weil ich es nicht mehr ausgehalten habe, alles nicht mehr ausgehalten habe.“ Nicht weil sie faul gewesen sei, „keinen Bock mehr hatte, sondern weil es nicht mehr ging, weil es falsch war für mich“.

Warum brechen so viele Jugendliche die Schule ab?

Damit ist sie eine von einer Million. Eine Million Kinder und Jugendliche haben seit 2000 die Schule abgebrochen, sagt Simon Hoffmann „Das System hat jedem einzelnen gesagt: Du bist das Problem!“ Aber bei so vielen Schulabbrechern müsse man sich fragen: „Was ist das Problem?“ Für Hoffmann und seine Mitstreiter von der Demokratischen Stimme der Jugend ist klar: „Das System ist das Problem!“ Deshalb kämpfen sie für eine andere Art der Bildung unter dem Motto: Die Schule den Schülern. Deshalb hat Hoffmann den Film „Bildungsgang“ gedreht, der von Dienstag an gezeigt wird. Manche haben ihn schon gesehen wie Comedian und Moderator Oliver Welke, der vielfach ausgezeichnete Dokumentarfilmer Erwin Wagenhofer, Sänger Konstantin Wecker oder Kabarettist Max Uthoff, sie sind voll des Lobes.

Vier Jahre lang hat Hoffmann daran gearbeitet. Es war Teil seines selbst organisierten Studiums, das auch ein Selbststudium ist. Eine Zeit lang war er die Stimme seiner Generation. Was natürlich ein furchtbares Klischee ist. Unter seinem Künstlernamen Courtier hat der Filderstädter die Hymne zur Fridays-for-Future-Bewegung gesungen. Für sein Video zu dem Song „Jüngstes Gericht“ hatte er sich im Bundestag festgekettet. „Es ist nicht mehr fünf vor zwölf, es ist zwölf!“ heißt es darin, „Jugend auf die Barrikaden, wir erobern das System, weil wir sonst keine Zukunft haben.“ Die Forderung: ein Jugendrat, der den Bundestag in Zukunftsfragen berät.

Ein neuer Weg des Zusammenlebens

Er sei naiv, das hat er oft gehört. Ebenso den Standardsatz: Ich bin da auch durchgegangen, mir hat es auch nicht geschadet. Er will da nicht durch. Er lebt in der Ökosiedlung Schloss Tempelhof bei Crailsheim, einer Genossenschaft. Die 150 Bewohner sind Selbstversorger, suchen einen neuen Weg des Zusammenlebens. Dort gibt es einen Kindergarten und eine Schule, die stetig wächst. Und die Prinzipien umsetzt. Hoffmann sagt, auf seiner Waldorfschule „habe ich kaum etwas gelernt, was ich brauche“. Er fände etwas anderes viel sinnvoller. „Warum gebe man den Menschen nicht Gutscheine für Bildung: „Und sie suchen sich selbst aus, was und von wem sie lernen möchten.“ Wie viele jungen Menschen kommen von der Schule und haben Angst zu singen, Angst zu malen, Angst zu rechnen?, fragt er. Und letztlich damit Angst sich auszudrücken, sie selbst zu sein, „ihr Potenzial zu entdecken?“ Deshalb habe er den Film gedreht, „um Mut zu machen, mal was anderes auszuprobieren.“

Doch wo kommt man hin, wenn jeder macht, was er will? Und wie bewertet man das? Was ist mit Zeugnissen? „Jeder erstellt sich seinen eigenen Bildungsbrief“, sagt Hoffmann, „um herausfinden: was interessiert mich? Was sind meine Talente? Was sind meine Träume? Was will ich lernen?“ Nicht dass, was andere einem vorgeben. In seinem Bildungsbrief stand unter anderem: Er möchte einen Film drehen. Das hat er geschafft. Und hofft nun, dass er seinen Traum nicht alleine träumt: Stell Dir vor es ist Schule, und wir wollen hin!

Der Film wird am Dienstag, 27. März, 19 Uhr, im Kommunalen Kino in Esslingen gezeigt.