Einer der frühen Einsätze der Freiberger Feuerwehr in einem Gartencenter nahe des Heutingsheimer Schlosses im Jahr 1977. Foto: Feuerwehr

Freud und Leid liegen auch bei der Feuerwehr nah beieinander. Ein Rückblick auf 50 Jahre Freiwillige Feuerwehr Freiberg mit dem amtierenden Kommandanten Thomas Jetter.

Ein halbes Jahrhundert ist es her, dass aus den drei Dorffeuerwehren Heutingsheim, Beihingen und Geisingen die Freiwillige Feuerwehr Freiberg wurde. Das wird gefeiert – am Samstag letzter Woche gab es bereits einen Festakt im Prisma, am Sonntag, 21. Mai, findet ein großer Festumzug statt, der um 13.30 Uhr in der Bahnhofstraße startet und über knapp drei Kilometer zum Festzelt am Wasen führt. Mit dabei sind nicht nur zahlreiche Feuerwehren aus dem Landkreis, sondern auch Gruppen von Kindergartenkindern und Grundschülern, örtlichen Vereinen und insgesamt fünf Musikkapellen. Angeführt werden sie von den Ehrengästen, die in dem roten Cabrio der Freiberger Feuerwehr kutschiert werden – Baujahr 1937 und von einigen Mitgliedern in den Neunzigerjahren aufwendig in rund 2000 Arbeitsstunden selbst restauriert.

„Insgesamt werden es etwa 1400 bis 1500 Teilnehmer sein“, sagt der Freiberger Feuerwehrkommandant Thomas Jetter. Auch er ist schon seit mehr als vierzig Jahren bei der Feuerwehr – hätte es damals schon eine Jugendwehr gegeben, wären es wohl noch mehr. Doch die wurde erst 1997 gegründet und feiert coronabedingt in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum nach.

Gute Zusammenarbeit mit kleinen Frotzeleien

Dass aus drei eins wurde, hätte nie Probleme gemacht, meint Jetter. „Es gibt zwar manchmal Frotzeleien gegen Kameraden aus einem anderen Stadtteil, aber das ist immer nett gemeint.“ Allerdings: Solange man noch drei Feuerwehrmagazine betrieb, die Alarmierung aber schon einheitlich war und in Heutingsheim saß, gab es doch noch ein wenig Reibereien – das zeigt zumindest eine Anekdote, die in der Festschrift zum Jubiläum festgehalten ist. Als bei einem Brand in Beihingen die Heutingsheimer als erste da waren, wurden sie von den Beihingern deutlich zurechtgewiesen: „Des isch onser Feuer.“

Hartnäckig halte sich auch folgendes Gerücht, so Jetter: Als das neue Feuerwehrhaus gebaut wurde, habe die Stadtgärtnerei mit der alten Mühle weichen müssen. Als Ersatz sollte das Feuerwehrmagazin der Geisinger dienen, sodass diese vorzeitig ausziehen mussten. Aber wie verteilte man sie auf Heutingsheim und Beihingen? Ganz einfach: Je nachdem, aus welchem Stadtteil ihre Angetraute kam, wurden sie neu zugeordnet.

Kuriose, aber auch rabenschwarze Tage

Unvergesslich auch die Anekdote aus der Zeit von Kommandant Karl Rendle junior, der das Amt von 1983 bis 2008 innehatte. Die Eltern einer jungen Frau hatten sich Sorgen gemacht, weil sie ihre Tochter nicht erreichen konnten, und deshalb die Polizei alarmiert. Die rückte mit der Feuerwehr an, die fachmännisch die Tür öffnete, als niemand auf das Klingeln reagierte. Dann wurde schnell klar, warum die Tochter nicht ansprechbar war: Sie war mit ihrem Partner gerade mitten in einem Schäferstündchen.

Doch selbstverständlich gibt es auch bei der Freiberger Feuerwehr keinesfalls nur Kurioses zu erleben. Thomas Jetter steht heute noch lebhaft der „schwärzeste Tag der Geschichte Freibergs“ vor Augen: Auf dem Weg zu einem Einsatz am 6. September 2014 brach der erst im Januar zum Kommandanten gewählte Michael Weissinger neben ihm im Fahrzeug zusammen und konnte nicht wiederbelebt werden. „Wir kannten uns schon aus dem Kindergarten und sind gleichzeitig in die Feuerwehr eingetreten“, sagt er. Hinzu kam: Die Feuerwehr war ausgerückt, weil jemand aus einem Fenster zu springen drohte. Das konnte auch nicht verhindert werden – und so gab es an diesem Tag gleich zwei Tote zu beklagen.

Zufriedenheit und Glücksgefühl bei erfolgreichen Einsätzen

Und doch brachte dieser schlimme Tag auch etwas Gutes zutage: Einige Feuerwehrkameraden hätten nach dem Tod Weissingers wochenlang auf dessen Hof ausgeholfen, erinnert sich Thomas Jetter. Was zeigt, wie gut der Zusammenhalt in Freiberg ist, der durch Kameradschaftsabende, Ausflüge und Wandertage intensiv gepflegt wird – und zwar inklusive Altersabteilung und Jugendfeuerwehr.

An einen schweren Einsatz am ersten Weihnachtsfeiertag 2021 kann sich Jetter ebenfalls noch gut erinnern. Schon nach fünf Minuten sei das erste Fahrzeug an einem Brandort gewesen, das Haus habe da aber schon lichterloh gebrannt. Für die Seniorin, die dort lebte, sei jede Hilfe zu spät gekommen. Auch für ihre Pflegerin habe es zunächst sehr schlecht ausgesehen. Als dann die Nachricht kam, sie habe überlebt, „war das doch im Nachhinein noch eine gewisse Zufriedenheit.“ Auch wenn man Menschen nach Unfällen lebend befreien könne, seien das Momente des Glücksgefühls. Doch es gibt auch das Gegenteil: Als an Pfingsten 2017 ein Fahrzeug an der Autobahnausfahrt Pleidelsheim in einem Regenrückhaltebecken landete. Zwei Insassen konnten sich befreien, für den dritten, das war allen schmerzlich klar, konnte man nichts tun.

50 Jahre Feuerwehr Freiberg – das steht für Einsätze auf Leben und Tod, einige kuriose Anekdoten, Routineeinsätze, gute Kameradschaft und viel ehrenamtliches Engagement. Kurz gesagt: für ein halbes Jahrhundert aus dem vollen Leben gegriffen.

Wie ist die Freiberger Feuerwehr aufgestellt?

Aktive Wehr
 Insgesamt 78 Mitglieder hat die Einsatzabteilung der Feuerwehr Freiberg, darunter acht Frauen. Da der Altersdurchschnitt mit knapp 36 Jahren recht gering ist – ein Drittel der Aktiven ist noch keine 30 Jahre alt –, muss einem um die Zukunft der Feuerwehr in Freiberg nicht bang sein.

Jugendfeuerwehr
 Auch die nächste Generation steht schon in den Startlöchern: 17 Mitglieder hat die Jugendfeuerwehr, die 1997 ins Leben gerufen wurde.

Altersabteilung Bei Einsätzen sind 38 Mitglieder altershalber nicht mehr mit dabei. Aber sie sind ein wichtiger Teil der Kameradschaft.