Das Kollektiv Mütterkünste serviert in der Unsicht-Bar im Theater Rampe ein Performance-Menü, das den Spagat zwischen Kunst und Familie sehr witzig und mit dem richtigen bitteren Beigeschmack inszeniert. Foto: 6tagefrei/Theater Rampe

Das Festival „6 Tage frei“ bespielt zum Start alle Räume der Rampe. Installationen und Performances zeigen bis Samstag die darstellenden Künste von ungewöhnlichen Seiten.

Schon bevor man das Theater Rampe betritt, beginnt das Festival „6 Tage frei“. Unten an der Treppe zum Alten Zahnradbahnhof stehen die beiden Damen vom La Fuchsia Kollektiva an Schneidebrett und Fritteuse, um ihre essbare Installation „Patacón“ mit Kochbananen-Chips zu bestücken. Wer davon isst, ist schnell in ein Gespräch über Kolonialismus, Sklaverei und Dreieckshandel verwickelt. Die platt gepressten Bananenscheiben sehen aus wie alte Goldtaler und schmecken lecker, auch wenn das postkoloniale Wissen für einen bitteren Beigeschmack sorgt.

Alle Sinne sind gefragt, als „6 Tage frei“, das Festival der freien darstellenden Künste in Baden-Württemberg, startet. Das Treffen will nicht mehr Bestenschau sein, sondern Arbeitsprozesse sichtbar machen – also Leben und Kunst auf der Bühne zusammenbringen und den Begriff Teilhabe nicht nur als Schlagwort verstehen. Wie spannend das sein kann, zeigt noch bis Samstag ein Besuch, Installationen, Performances und Film sind täglich zu erleben.

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Geöffnet sind dafür zum Start in der Rampe alle Räume. Während im Saal der Tanzfilm „Cocooning“ läuft, lehrt uns in der Probebühne der aus Indien stammende blinde Forscher und Aktivist Thomas Tajo in der teils in kompletter Dunkelheit spielenden Installation „Listening Distance“, unsere Ohren zu benutzen. Dass ein Dasein ohne Augenlicht nicht lebenswert sein kann? Mit diesem Missverständnis will Tajo gemeinsam mit der Künstlerin Brit Hatzius in „Listening Distance“ aufräumen und sorgt mit raumakustischen Tricks für Gänsehaut.

Wenn Mütter auch Künstlerinnen sind

„Unsicht-Bar“ heißt ein anderer Nebenraum in der Rampe, ihn bespielt das Mütterkünste-Kollektiv aus Künstlerinnen-Müttern, die aus ihrer Doppelbelastung ein so witziges wie lehrreiches Stück machen. Babyfläschchen werden hier mit einem fröhlichen Lächeln geshakt, ebenso zugewandt wird dem Publikum Muttermilch serviert, doch irgendwann bröckelt die Fassade der Freundlichkeit zwischen Anrufbeantwortung, Kunstmachen und Kinderbetreuung und legt hektische Überforderung frei. Neben einem Menü-Flyer, der gerecht verteilte Care-Arbeit anregt und unter den Hauptspeisen zum Beispiel „Rückenfrei“ („Wer nicht mehr kann, soll und darf Hilfe bekommen“) serviert, kann man viel positive (Mütter)-Energie aus der Rampe mitnehmen.

Infos zum Festival

Installation
„Listening Distance“ am Di, 26.4., um 18.30, 19.30 und 21 Uhr, Publikumsgespräch um 20 Uhr. Mi, 27.4., um 18 und 19.30 Uhr. Do, 28.4., um 20 Uhr. Fr, 29.4., um 17.30 und 18.15 Uhr, Publikumsgespräch um 19 Uhr. Sa, 30.4., um 18 und 20 Uhr, Publikumsgespräch um 18.45 Uhr.

Film
„Cocooning“ des Backsteinhaus-Teams um Nicki Liszta ist von Di bis Do ab 17 Uhr zu sehen, Fr und Sa von 10 Uhr an. Dauer: 39 Minuten

Performances
Mütterkünste spielen wieder am Mi, 27.4., um 11 Uhr, am Fr, 29.4., um 19.30 Uhr, am Sa, 30.4. um 15 und 19 Uhr. Das La Fuchsia Kollektiva kocht am Mi, 27.4., von 19.30 bis 20.30 Uhr vor der Performance „Banana Island“ der Apokalyptischen Tänzer*innen

Karten
Auf www.6tagefrei.de und www.reservix.de. Reservierungen sind auch unter karten@theaterrampe.de oder telefonisch unter 0711 / 620 09 09 0 möglich.