Auf dem Lindenhof in Ohmden (Kreis Esslingen) können Kinder zwischen fünf und zehn Jahren den Pony-Führerschein erwerben. Damit weisen sie Grundkenntnisse im Umgang mit den Pferden nach. Warum das den Initiatoren so wichtig ist.
Wie nennt man das Urpferd? Klaras Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Eohippus“. Und wann hat es gelebt, hakt Hagen Kälberer nach. „Vor 60 Millionen Jahren“, kann die Siebenjährige auch diese Frage aus dem Effeff beantworten. Sie weiß noch sehr viel mehr über die Tiere. Schließlich hat Klara gerade den Pony-Führerschein gemacht.
Den können Kinder zwischen fünf und zehn Jahren in Ferienkursen auf dem Lindenhof in Ohmden erwerben. „Dabei geht es nicht nur darum, reiten zu lernen“, betont Hagen Kälberer, der den Pferdehof zusammen mit der Reittherapeutin Margit Fahrion betreibt. Das Ziel sei vielmehr, Wissen über das Verhalten dieser sensiblen Herdentiere zu vermitteln und einen respektvollen Umgang mit Pferden zu fördern – dafür bliebe in einer regulären Reitstunde meist nicht genügend Zeit.
Harmonisches Miteinander von Mensch und Pferd
„Es kann viel getan werden, damit das Miteinander von Pferd und Mensch harmonisch abläuft“, davon ist Hagen Kälberer überzeugt. Und weil die Grundlagen dafür im Kindesalter gelegt werden, hat dem gelernten Fotografen und Pferdesportfan die Idee des Pony-Führerscheins sofort gefallen – schon seit 2016 wird er auf dem Lindenhof angeboten. Dutzende „Ponykids“ haben ihn bereits erworben.
Mit dem Reitunterricht in Vereinen hat der Pony-Führerschein nicht viel zu tun, erklärt der 61-Jährige. Es handelt sich dabei um ein bundesweit einheitliches pädagogisches Konzept mit klaren inhaltlichen Vorgaben. Die Kinder müssen zum Schluss eine Prüfung bestehen, bevor sie die Urkunde in den Händen halten können. Diese Kombination aus Theorie und Praxis begeistert Hagen Kälberer: Ihm sei es zu wenig, die Kinder einfach nur reiten zu lassen. „Sie sollen begreifen, dass Pferde kein Spielzeug oder Sportgerät sind, sondern Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen.“
Klara, Valerie und Lotta sitzen an ihrem letzten Kurstag noch einmal im kleinen Reiterstübchen auf dem Lindenhof zusammen und fassen das zuvor Erlernte kurz zusammen: Dass das Urpferd ein scheuer Waldbewohner und nicht größer als ein Hund war. Dass seine Füße Zehen hatten, aus denen sich später die Hufe entwickelten. Und dass die kleinen spitzen Zähne zu Backenzähnen mit breiten Kauflächen wurden, da die Pferde nach dem Verlassen des Waldes das harte Gras der Steppe fraßen.
Im Ferienkurs lern man, auf die Körpersprache der Pferde zu achten
„Futter ist ein ganz wichtiges Thema“, doziert Hagen Kälberer. „Es gibt Raufutter, Kraftfutter und Saftfutter“, zählt die neunjährige Valerie auf. Und sie weiß auch, dass ein Pferd Bauschmerzen – „eine Kolik“ – bekommen kann, wenn es etwas Falsches frisst. „Deshalb sollte ein Reiter immer genau hinschauen, wie es dem Pferd geht“, mahnt Kälber eindringlich.
Überhaupt: Wenn man auf die Körpersprache des Tieres achte, sei es gar nicht schwer, mit dem Pferd zu kommunizieren, sagt Hagen Kälberer. Auf spielerische Weise bringt er den Kindern beispielsweise bei, wie man dem Vierbeiner mit dem Zügel klare Signale gibt, was es tun soll – indem sie selbst einmal ein Geschirr umlegen. Sie erfahren auch, dass die Trense einem Pferd Schmerzen bereiten kann, das Beschlagen des Hufes hingegen nicht.
Nur wenige Jungen machen den Ponyführerschein
Nach der Unterrichtsstunde geht es raus auf den Hof. Dort führt Hagen Kälberer den wissbegierigen Kindern zum Beispiel vor, wie man den Huf auskratzt und womit das Fell gestriegelt wird. Dann können die Mädchen – „es sind tatsächlich kaum Jungen in den Kursen dabei“, räumt er schmunzelnd ein – das Wissen in der Praxis anwenden: putzen, satteln, führen.
Und schließlich dürfen Klara, Valerie und Lotta auf den Rücken der sanftmütigen Naama. Die kleine Araberstute ist streng genommen kein Pony, hat aber fast das entsprechende Stockmaß: „Als Pony bezeichnet man ein Pferd, das kleiner ist als 1,48 Meter. So wurde es in Deutschland festgelegt“, erläutert Hagen Kälberer. Auf dem Lindenhof in Ohmden stehen insgesamt sechs Ponys und 18 weitere Pferde.
Auf dem Pferd werden Gleichgewicht und Koordination trainiert
„Ich liebe reiten“, verrät die siebenjährige Lotta mit einem strahlenden Lächeln. Sie hat gelernt, sich auf den Rhythmus des Pferdes einzulassen – im Schritt und im Trab. Trainiert werden Körperwahrnehmung, Gleichgewicht und Koordination. Gelingt eine Übung mit dem Pferd, beflügelt es das Selbstvertrauen. „Vom richtigen Reiten sind wir aber noch weit entfernt“, räumt Hagen Kälberer ein. Wer nach dem Pony-Führerschein weitermachen will, dem empfiehlt er eine Voltigiergruppe.
Pony-Führerschein
Initiatorin
Den Pony-Führerschein gibt es seit dem Jahr 2000. Entwickelt wurde das Konzept von Marion Ogriseck. Ursprünglich für ihren eigenen Ferienhof auf der Ostseeinsel Fehmarn gedacht, gibt sie es in Lizenz an Reitbetriebe, Vereine und Ferienhöfe weiter. So wird der Pony-Führerschein inzwischen an mehr als 70 Orten bundesweit angeboten.
Lindenhof
Der Lindenhof in Ohmden ist der einzige Betrieb im Landkreis Esslingen, der den Pony-Führerschein anbietet. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. In den Oster-, Pfingst-, Sommer- und Herbstferien finden die jeweils viertägigen Kurse in kleinen Gruppen statt – immer zweieinhalb Stunden am Vormittag. Die Gebühr beträgt 180 Euro. Alle Termine und Infos unter www.ponykids-lindenhof.de