Fidan Ataselim (in schwarzer Lederjacke) bei den Protesten Foto: StZ/Güsten

Türkische Richter gewähren bei Femiziden oft aus absurden Gründen Strafnachlässe. Ein Frauenverband soll zudem nun wegen „Familienfeindlichkeit“ verboten werden.

Ein schwarzer Ring bewaffneter Bereitschaftspolizisten umzingelt eine Frauengruppe mit lila Fahnen, die sich um eine Frau in schwarzer Lederjacke schart. „Wir sagen es von hier dem ganzen Land: Unser Kampf ist nicht zu stoppen“, ruft Fidan Ataselim, die Generalsekretärin der Vereinigung gegen Frauenmorde. Gleichzeitig mit der Kundgebung in Istanbul demonstrieren landesweit Frauen gegen das Verbotsverfahren, das die türkische Justiz gegen den Verein eingeleitet hat. Seit zwölf Jahren kämpft Ataselims Verein gegen die Kultur der Straflosigkeit bei Femiziden in der Türkei; nun will die Staatsanwaltschaft ihn als „familienfeindlich“ verbieten. Damit werde sie den Kampfgeist der Frauen nicht in die Flasche zurückstopfen können, verspricht Fidan Ataselim: „Denn wir kämpfen um unser Leben.“ Eine Frau nach der anderen ergreift unter den Augen der Polizisten das Mikrofon, um von ihrem Schicksal zu berichten. „Meine Tochter ist erstochen worden, während die Polizei vor der Wohnungstüre stand“, sagt eine Mutter. Ihre Tochter sei verblutet, weil die Polizei ihrem Notruf nicht gefolgt sei, berichtet eine zweite. „Meine Tochter ist ermordet worden, und die Staatsanwaltschaft hat nicht einmal ermitteln wollen“, sagt eine dritte. Allen Familien ist der Verein gegen Frauenmorde zur Seite gesprungen, hat die Strafverfolgung durchgesetzt und die Verfahren mit Anwältinnen und Prozessbeobachterinnen begleitet.