In einem Parkhaus in Bad Cannstatt stellt der Täter das Auto mit der Toten darin ab. Foto: 7aktuell/Adomat (Archiv)

Ein Stuttgarter muss sich wegen Mordes an seiner Ehefrau vor dem Landgericht verantworten. Das Paar hat zwei kleine Kinder – auch um deren Schicksal geht es im Prozess.

Als die Mutter. im Juli 2022 getötet worden ist, waren ihre Töchter acht und zwei Jahre alt. Die beiden Mädchen haben in dieser Nacht ihre Mutter verloren, und ihren Vater werden sie so schnell auch nicht wieder sehen: Er soll seine Ehefrau ermordet haben, mit einem Kopfschuss, die Pistole an der Schläfe aufgesetzt, als sie neben ihm im Auto saß. Wenn die 1. Große Strafkammer des Landgerichts in dem Verfahren seine Schuld erkennt, dann dräut eine lange Gefängnisstrafe.

Die Eltern des Angeklagten haben ihre Enkel aufgenommen

Die Kinder kamen nach dem Tod ihrer Mutter bei den Großeltern unter – den Eltern des mutmaßlichen Mörders. „Wir tun alles, damit es ihnen gut geht“, sagt der Großvater. Er sitzt am Mittwoch auf dem Zeugenstuhl im Saal 1 des Landgerichts, wo über die Zukunft seines Sohnes entschieden wird. Die Kinder waren vor der Tat samstags zu Oma und Opa gekommen, weil ihre Eltern ein Wochenende miteinander verbringen wollten. Das sei die Forderung des Ehemanns gewesen. Seine Frau hatte im Herbst zuvor ausgesprochen, dass sie sich trennen wollte. Nur einmal noch wollte ihr Mann mit ihr das Wochenende verbringen, über alles reden, bevor sie Ende Juli in die Niederlande zu ihrer Familie ziehen wollte. Sie hatte mit ihrer Schwester bereits Kartons gepackt.

Die Großeltern wunderten sich, als die Eltern der Kinder am Sonntagabend nicht zurückkamen. Vielleicht waren sie Essen gegangen, „sie sind ja schließlich junge Leute“, sagte der Vater des Angeklagten. Für die Mädchen sei es keine ungewohnte Situation gewesen, am Wochenende viel Zeit bei Oma und Opa zu verbringen: „Wir haben da öfter auf sie aufgepasst, wenn die zwei ausgehen wollten“, sagte der Großvater.

Doch niemand meldete sich an dem Sonntag. Am Montagmorgen erstatte der Großvater dann eine Vermisstenanzeige bei der Polizei. Er machte sich große Sorgen. Wenig später erhielten die Ermittelnden einen anonymen Hinweis, dass in einem Parkhaus in Bad Cannstatt in einem Auto eine Tote liegen würde. Wie sich herausstellte, war es die junge Mutter. Der großen Enkelin sei es danach „ein, zwei Wochen lang richtig schlecht gegangen, sie war sehr traurig", so der Großvater.

Erst auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Joachim Holzhausen kommt heraus, dass es nicht bei diesen „ein, zwei Wochen“ geblieben ist. Den Kindern gehe es immer noch nicht gut, die Achtjährige werde psychologisch betreut. Es laufe aktuell das Verfahren um das Sorgerecht – ob es die Großeltern väterlicherseits bekommen oder das Jugendamt. Dass auch sein Sohn sich darum bemühe, wusste er nicht.

Der Angeklagte nimmt diese Worte – wie auch alle anderen Aussagen über seine Ehe – nahezu regungslos hin. Wenn stimmt, was Freunde und Verwandte im Zeugenstand über ihn sagen, dann dürfte ihn das aber keinesfalls kalt lassen. Für einen 43-jährigen Zeugen ist es wegen der Liebe des Vaters zu seinen beiden Kindern auch nicht zu begreifen, wie er zum Mörder werden konnte – obwohl er es am Tag nach der Tat aus dessen Mund hörte. Er ist ein entfernter Verwandter – bis 2017 war er 18 Jahre lang mit der Tante des Angeklagten verheiratet, war dessen Trauzeuge und kannte ihn von klein auf. „Es klang für mich so verwirrend“, sagte er. Er habe dem Angeklagten eine Textnachricht geschrieben, als er vom Tod der Mutter gehört hatte. Daraufhin habe ihn der Vater der kleinen Mädchen angerufen. „Er sagte, dass er keine andere Wahl hatte, als sie zu töten“, gibt er wieder. Und: „Dass er seine Kinder liebt und Angst hat, sie zu verlieren.“ Das war die verwirrende Botschaft für den Ex-Mann der Tante: „Wie kann er das seinen Kindern antun, wenn er sie so liebt?“ An Teile des Gespräches erinnerte sich der 43-Jährige nicht mehr. „Es wurde unter Schock geführt“, betonte er. Und auch wenn er dem Gesagten keine große Bedeutung zumaß, ging er trotzdem selbst zur Polizei und meldete, dass sie gesprochen hatten. „Ich arbeite in einer Sicherheitsfirma, daher war das für mich klar“, sagte er.

Die Sicherheit spielt auch für das Verfahren am Landgericht eine große Rolle. Weil es Drohungen von der Familie des Opfers gegen den Angeklagten gegeben haben soll, müssen die Zuhörenden vor dem Saal nicht nur Taschen abgeben und sich durchsuchen lassen. Gürtel, Schmuck – alles müssen sie am Eingang abgeben, damit der Prozess sicher laufen kann.