Gerhard Knauer und sein Pferd Sancho Pancho wurden im vergangenen Jahr mit ihrem Ausflug in eine Stadtbahn unfreiwillig zum Internetstar. Wie geht es dem Reiter-Duo heute, das in Fellbach viele Fans und feste Anlaufstellen hat?
Die Ohren von Sancho Pancho sind steil nach oben gerichtet, als er an der geöffneten Schiebetüre der Fellbacher Markthalle steht und einen Blick hineinwirft: Der Wallach ist nicht das erste Mal hier, sondern weiß genau, dass ihm hier Gutes getan wird. Yvonne Schildknecht vom Obst- und Gemüsestand Welz in der Markthalle ist sekundenschnell an der Türe – mit ein paar Karotten in der Hand.
„Sancho kommt regelmäßig bei uns vorbei“, sagt sie und strahlt. Je nachdem bekomme er ein paar Karotten, Äpfel oder auch mal eine Banane. Auch der Koch von Hygo Pasta and Bowls in der Markthalle, Thomas Rolf, eilt mit einer Karotte in der Hand um die Ecke und hält sie Sancho Pancho vor die Schnauze. Yvonne Schildknecht tätschelt das Pferd und streicht ihm über den Kopf.„Ich habe selber auch Pferde“, sagt die Frau aus Fellbach-Oeffingen, „deshalb kenne ich mich mit den Tieren aus.“
Sie genießt es offensichtlich, dass Gerhard Knauer bei seinem Ausritt mit dem Wallach hier regelmäßig vorbeischaut. Auch andere Passanten winken freundlich zu. Und Ingeborg Lubich aus Fellbach ist gleich so begeistert, dass sie zum Handy greift und dann auch noch um ein Foto von sich mit Ross und Reiter bittet. Dass Sancho Pancho als „Stammgast“ bei der Fellbacher Markthalle regelrechte Fans hat, das ist das Duo gewohnt. Doch im Frühjahr vergangenen Jahres wurden die beiden unfreiwillig sogar zum Internet-Star. Gerhard Knauer wurde dabei gefilmt, wie er mit seinem Pferd Sancho Pancho in die Stadtbahn in Fellbach einstieg. „Die Ohren hatte Sancho Pancho oben“, erinnert sich der Pferdekenner. Das habe gezeigt, dass Sancho auf den Mini-Trip gespannt gewesen sei. Mitgefahren sind Ross und Reiter dann zwar doch nicht, weil es für das Pferd in der Bahn zu eng geworden wäre – aber die Aufnahme wurde dennoch zum Klick-Hit.
Das Video löste bundesweite Aufmerksamkeit aus und eine Berichterstattung in vielen Medien. „Was tun als Cowboy, wenn das Pferd müde ist? Dafür gibt es heutzutage den öffentlichen Nahverkehr – dachte sich offenbar ein Mann in Fellbach bei Stuttgart“, schrieb beispielsweise Spiegel online. Die kuriose Geschichte mit dem „ungewöhnlichen Fahrgast“ war im Mai 2023 ein regelrechter Medien-Hype. Zunächst war noch spekuliert worden, wer Ross und Reiter sind, bis unsere Zeitung das Rätsel schnell gelöst und mit dem Fellbacher Stadtcowboy Kontakt aufgenommen hatte.
„Mich haben damals Arbeitskollegen sogar aus Norddeutschland angerufen und gefragt, ob ich das bin“, erinnert sich Gerhard Knauer. “ Der SWR hat einen Film über Ross und Reiter gedreht, der in der Landesschau am 16. August 2023 ausgestrahlt wurde und weiterhin in der Mediathek zu finden ist. Auch Fachzeitungen hätten über ihn berichtet. „Der große Hype hat sich inzwischen etwas gelegt“, sagt Gerhard Knauer, dem der Trubel um ihn und seinen Sancho Pancho manchmal schon etwas unheimlich geworden war.
Sancho Pancho ist an Situationen in der Stadt gewohnt
Sancho Pancho ist jetzt 17 Jahre alt, als das Tier vier Jahre alt war, kam es zu ihm. Seither ist das Pferd sein treuer Begleiter. „Sancho ist ein entspannter Tinker“, sagt Gerhard Knauer. Tinker, eine Pferderasse, die Merkmale von Pony, Warmblutpferd und Kaltblutpferd aufweist. Knauer reitet bewusst in die Stadt, um Sancho an den Umgang mit Lärm und Verkehr zu gewöhnen. Er sei mit dem Pferd auch schon auf dem Stuttgarter Weindorf gewesen, sagt er.
Der Freizeitreiter betreibt den Gege-Reitsportversand in Fellbach-Schmiden. Manchmal nutzt er einen Ausritt auch dazu, eine Bestellung mit einer Pferdestärke ganz umweltfreundlich und entspannt zuzustellen, wenn der Adressat in der Nähe wohnt.
Ross und Reiter schlüpfen in die Rolle beim Auftritt des Heiligen St. Martin
Gerhard Knauer und Sancho Pancho sind auch bei Veranstaltungen gefragt. So haben beide am Montag ihre Rolle beim Auftritt des Heiligen St. Martin. Der Legende nach ritt dieser an einem kalten Wintertag an einem hungernden und frierenden Bettler vorbei. Der Mann tat ihm so leid, dass Martin mit dem Schwert seinen warmen Mantel teilte und dem Bettler eine Hälfte schenkte.
Vor kurzem waren Ross und Reiter zu Besuch in der Senioreneinrichtung Haus am Kappelberg - auf Einladung dessen Fördervereins. „Sancho hat es genossen, gestreichelt zu werden, wir haben viele Fragen über Sancho und Pferde allgemein beantwortet“, erzählt Gerhard Knauer. „Der Besuch hat Jung und Alt auf eine sehr schöne Weise zusammengebracht“, sagt die Vorsitzende des Fördervereins Elfriede Bartz. Denn zu dem Gastspiel von Sancho Pancho seien extra einige Enkel der Heimbewohner gekommen. Das Feuer der Begeisterung einer jungen Pferdeliebhaberin sei danach so groß gewesen, dass sie sich entschieden habe, mit Reitunterricht zu beginnen.„Auch die Älteren mögen Sancho sehr gern und freuen sich, wenn er wieder kommt“, sagt Elfriede Bartz.