Achtung Rudelgefahr: Die Wölfe nehmen in Wernau das Verkehrsschild in Beschlag. Foto:  

Am Wochenende waren die Fasnetshochburgen im Kreis fest in Narrenhand. Am Samstag eroberten die Hästräger Wernau, am Sonntag ging’s in Neuhausen rund.

Neuhausen/Wernau - Was braucht es, um ein bunt gemischtes, wohltuendes Narrenmenü zu kredenzen? Man nehme rund 3 500 Hästräger und vermische sie mit mehreren zehntausend gut gelaunten Zuschauern. Dazu eine Prise mildes Frühlingswetter und eine perfekte Organisation durch die verantwortlichen Zünfte. Verfeinert wird das Ganze durch die Kräfte der Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste, die für die Sicherheit sorgen. Schon steht einem närrischen Festmahl nichts mehr im Wege. Dass die Narren in Wernau und Neuhausen allesamt Sterneköche sind, haben sie am Wochenende mit den Fasnetsumzügen in beiden Hochburgen bewiesen.

Die beiden Chefköche der Wernauer Narren, Zunftmeister Marcel Reith und Pressesprecher Frederick Weiß, rührten seit fast einem Jahr in der Narrensuppe. „Wir haben 1500 Einladungen an die verschiedenen Zünfte verschickt und die Rückmeldungen waren – wie immer – überwältigend“, berichtet Reith. 75 Nummern mit über 3000 Narren kamen zusammen. Frederick Weiß ergänzt: „Wir hätten sogar noch mehr Gruppen in den Umzug einbauen können, aber dann würde die ganze Show viel zu lange dauern.“

Dass die Wernauer Fasnet während der meisten Zeit auf stark alkoholische Getränke verzichtet, kam nicht nur gut an, sondern zeigte erfolgreiche Wirkung. Der Narrenchef freut sich: „2018 mussten während der Fasnet rund 20 Menschen wegen Alkoholvergiftung behandelt werden, im letzten Jahr waren es noch deren drei.“ Seit 37 Jahren gibt es in Wernau den Fasnetsumzug – und der Lindwurm ist weit über die Landesgrenzen bekannt. „Wir sind stolz, in diesem Jahr drei Guggenmusiken aus der Schweiz dabei zu haben“, sagt Marcel Reith. Mit den Note Trampi aus Biel-Mett, den Löli-Tuutern aus Bottighofen und der Trubadix-Guggenmusik aus Wädenswil bekam das Narrenmenü den internationalen Touch. Marcel Reith und Frederick Weiß sind eingefleischte Fasnächtler.

Bis zum Umzugsbeginn um 14 Uhr dürften weit über 30 000 Feinschmecker in die Neckarstadt geströmt sein. Laut waren die Revolverschüsse der Wernauer Schützen zu hören. Sie kündigten den Beginn des Hauptmenüs an. Dieses hätte kaum vielfältiger sein können. Aus ganz Baden-Württemberg, ja sogar aus Bayern und Bremen waren Hästräger, Faschingsfreunde und Karnevalisten nach Wernau gekommen, um mit dem Publikum Fasnet zu feiern. Die Zuschauer stürzten sich allerdings nicht ungehobelt über das Narrenmenü, sondern genossen jede der launigen Zutaten. Etliche Hexen hatten ihre schönsten Röcke angezogen, Wölfe putzten das Fell raus, und die Eisbären glänzten mit der Sonne um die Wette. Kein Wunder, dass das Publikum jede Nummer feierte und vor allem den jeweiligen Narren-Ruf lauthals beantwortete. Die Fanfarenzüge, die Stadtkapelle Wernau und die vielen Guggenmusiken hielten die Fasnetfans beschwingt bei Laune. Die Mädels pochten vereinzelt darauf, dass die Narren sich um sie kümmerten, und die Umsetzung folgte sprichwörtlich auf dem Fuße: Etliche Schuhbändel wurden einkassiert, und die Damenwelt durfte zum Dank in Drehtellern eine Runde rotieren oder es sich in Strohbädern gemütlich machen. Zum Dessert gab’s dann noch süße Leckereien aus dem Fünfsternehotel „Zum Stadtrat“.

Wer im lukullischen Sinne an Neuhausen auf den Fildern denkt, denkt unweigerlich ans Filderkraut. Dieses hat allerdings mit der Fasnet nur insofern zu tun, als dass deutlich agile Spitzkrautköpfe aus Echterdingen den Umzug vegetarisch bereicherten. Ronald Witt, Präsident des Narrenbundes Neuhausen, verriet sein Erfolgsrezept für einen gelungenen Umzug: „Es braucht gutes Wetter, das nicht zu kalt ist. Die Zuschauer gehören zum Umzug dazu. Die Narren sind das Gewürz, und die Mischung aus Brauchtum und Karneval verfeinern das Umzugsgericht. Die Wagen sind das Salz in der Suppe.“ 84 Nummern zählte der fast zwei Kilometer lange, bunte Lindwurm. 3650 Narren waren im Häs und mit ihren Instrumenten dabei. Knapp 35 000 Zuschauer kamen trotz des stürmischen Wetters. Der starke Wind hat Ronald Witt Sorgen bereitet: „Wir haben lange überlegt, ob wir die Wagen mitfahren lassen.“ Doch er gab kurz vor dem Start des Umzugs Entwarnung: „Alles läuft wie geplant.“

Stolz ist der Chef-Narr über den Nachwuchs: „Fast 70 Kinder machen bei der Hexengruppe mit.“ Neuhausen gilt nicht umsonst als Hochburg der Fasnet im Kreis. „Wir haben hier eine lange Tradition. Es gibt Aufzeichnungen über die Fasnet aus dem Jahr 1447.“ Ronald Witt zieht über die bisherige Kampagne positive Bilanz: „Die beschränkte Ausgabe von Alkohol hat am Schmotzger Doschtich einen deutlichen Rückgang der Straftaten und Alkohol-Exzesse bewirkt.“ Die Laune war dadurch nicht getrübt, und die Zuschauer feierten mit den Narren gut drei Stunden lang. Die Gruppen wurden bejubelt und die Narrenrufe stets lautstark erwidert.