Die Karnevalisten schunkeln sich am 11.11. auf dem Stuttgarter Schlossplatz warm. Doch eine politische Kundgebung sorgt für einen vorzeitigen Abbruch.
Winken, schunkeln, Polonaise tanzen – die Stuttgarter Karnevalsgesellschaften haben am Samstagmittag auf dem Schlossplatz lautstark den Auftakt zur fünften Jahreszeit gefeiert. Als die Uhrzeiger endlich auf 11.11 Uhr sprangen, gab es kein Halten mehr bei den Jecken und Narren: Mit reichlich Tam-Tam und drei kräftigen „Stuttgart Helau!“ rief die Menge den Start der Karnevalssession aus. Ob Häs oder rote Nasen, ob Elferratmützen oder Narrenkappen – viele, die sich in Stuttgart für Karneval, Fasching oder Fasnet erwärmen können, fanden am Samstag den Weg ins Zentrum.
Zum feierlichen Startschuss in die närrische Zeit hatte das Festkomitee Stuttgarter Karneval alle Narren zur Freitreppe neben dem Kunstmuseum gerufen. Im Festkomitee sind die elf großen Karnevalsgesellschaften der Stadt vertreten. Mit von der „Party“ waren dann auch Abordnungen vom Karnevalsclub Stuttgarter Rössle, dem Cannstatter Quellenclub, den Schwarzen Husaren, der Karnevalsgesellschaften Rosenmontag, Blau-Weiss, Grün-Weiss, Grün-Schwarz, Zigeunerinsel, Möbelwagen, Schwarze Störche sowie der First Guggen Band Stuttgart. Letztere, wie die Präsidentin des Festkomitees, Anita Rösslein erklärte, „leider von der Erkältungswelle heimgesucht und deshalb an diesem Tag nicht spielfähig“. Abgesehen davon freute sich Rösslein am Samstag aber über „einen toll gefüllten Schlossplatz“, der, wie sie ausdrücklich hervorhob, einmal „nicht mit Demonstranten, sondern mit fröhlichen Menschen“ belebt sei.
Dass der fidelen Narretei am Samstag dann ausgerechnet doch noch eine politische Kundgebung das abrupte Ende bescheren sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Bis dahin sorgte unter anderem Baron Thorsten I. von der Gesellschaft Zigeunerinsel mit Gesangseinlagen für gute Stimmung. Weitere anwesende „Tollitäten“ waren unter anderem Regentin Laura I. von den Stuttgarter Rössle sowie Melly I. von den Schwarzen Störchen, die 2023 ihr 40-Jahr-Jubiläum begehen.
In den elf Stuttgarter Karnevalsgesellschaften sind rund 3000 Mitglieder organisiert
In den elf Stuttgarter Karnevalsgesellschaften sind insgesamt rund 3000 Mitglieder organisiert. Nicht als schwarzer Storch, aber ganz in dunklem Bürgerzivil zeigte sich zwischen all dem bunten Treiben Ordnungsbürgermeister Clemens Maier. Beim ausgelassenen Karnevalsauftakt vertrat er wie im vergangenen Jahr OB Frank Nopper. „Gute Stimmung“, sagte Maier mehr staatstragend als ausgelassen, „können wir in diesen Zeiten gut gebrauchen.“
Dass dieser Meinung derzeit nicht alle Menschen auf dem Schlossplatz sind, musste das Festkomitee um Anita Rösslein dann gegen Ende ihrer Veranstaltung erfahren. Die Teilnehmer einer Friedenskundgebung, die ab 12 Uhr vor der Commerzbank angemeldet stattfand, setzten gegen viertel nach zwölf mit Hilfe der Polizei das plötzliche Ende des närrischen Treibens durch. Die mächtige Verstärkeranlage, mit der die Narren dezibelstark ihren Freude zum Ausdruck gebracht haben, machte die Kundgebung zeitweise unmöglich.
Bis die Situation endgültig geklärt war, tauschten einige Jecken und Aktivisten statt Handküsse Kraftworte aus. Mindestens eine Person aus der Gruppe der Demonstranten soll Anzeige wegen Beleidigung erstattet haben. Die guten Laune ließen sich die Karnevalisten dadurch allerdings nicht vermiesen: Für sie ging es am Samstagabend weiter im Classic Rock Café in der Schellingstraße. Von 19.19 Uhr an feierten die Stuttgarter Karnevalisten dort eine gemeinsame Opening-Party mit Livemusik.