Selbst für Winterkleidung reicht das Geld kaum: Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Schwere psychische Krankheiten können Menschen so hart treffen, dass es sie in finanzielle Not bringt. Die Offene Herberge bittet im Rahmen der EZ-Weihnachtsspendenaktion um Hilfe für Betroffene.

Esslingen - Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben es sehr schwer in unserer leistungsorientierten Gesellschaft. Viele haben Probleme mit dem hektischen Alltag, Menschenansammlungen und Stress und sind kaum belastbar. Das macht es schwierig, selbstständig zu wohnen oder einer geregelten, bezahlten Arbeit nachzugehen. Deswegen leben viele Betroffene von Erwerbsminderungsrenten und Sozialhilfe. Da bleibt am Monatsende nichts mehr übrig für die in diesen Tagen dringend benötigte Winterkleidung. Die Offene Herberge, ein Selbsthilfeverein für Psychiatrieerfahrene, betreut eine ambulante Wohngruppe in Esslingen und weitere Klienten und bittet im Zuge der EZ-Weihnachtsspendenaktion um Spenden für Kleidung und mehr, die zur psychischen Stabilisierung der Klienten beitragen können und persönliche Not lindern.

Mehr Sicherheit in neuer Kleidung

Unter ihnen ist ein 45-Jähriger, der unter chronischer Schizophrenie leidet und erheblich lernbehindert ist, wie die Leitung der Einrichtung, Dagmar Oppenheimer, schildert. Er hilft bei leichten Montagearbeiten am Haus, kann aber keiner bezahlten Arbeit nachgehen und bezieht eine kleine Erwerbsminderungsrente und Wohngeld. Der 45-Jährige, der ein sehr kindliches Wesen hat, besucht eine Tagesstätte für Menschen mit psychischen Erkrankungen, wo er seine große Liebe kennengelernt hat. Der Mann ist sehr groß und füllig, weshalb er Kleidung in Sondergrößen benötigt, die in Warenhäusern kaum zu bekommen ist. „Damit er im Winter entsprechend ausgerüstet seinen Aufgaben nachgehen kann und auch im öffentlichen Raum mit seiner Freundin eine gute Figur macht, ohne sich beobachtet zu fühlen, möchten wir ihm gerne dabei helfen, sich altersentsprechend solide auszurüsten“, schreibt Oppenheimer.

Winterkleidung benötigt auch eine 36-Jährige, die unter mehreren schweren psychischen Erkrankungen und psychosomatischen Syndromen leidet, wenn sie unter Stress steht – eine Folge ihrer Zeit in deutschen Bordellen, in denen sie Gewalt ausgesetzt war und von Obdachlosigkeit bedroht war, wie Oppenheimer schildert. Dieses Jahr war die Frau bereits mehrfach in psychiatrischen Kliniken. Sie bezieht nur Sozialhilfe und kann sich überhaupt keine zusätzliche Ausstattung für die kalte Jahreszeit leisten.

Weitere Zuschüsse für warme Kleidung beantragt die Offene Herberge für eine 28-Jährige und einen 46-Jährigen. Die junge Frau leidet unter Psychosen, sozialen Phobien und Depression und das mehrjährige Leben in Obdachlosigkeit mit bedrohlichen Situationen hat tiefe Spuren hinterlassen. Ihre psychischen Erkrankungen machen es ihr schwer, sich den Traum einer Ausbildung, Berufstätigkeit und damit einhergehender Normalität zu verwirklichen. Der 46-Jährige leidet seit mehr als 20 Jahren an einer Psychose und Depressionen. Er arbeitet in einem Inklusionsbetrieb und bezieht zusätzlich zu seinem Werkstattlohn einen Beitrag aus der Sozialhilfe. Er ist zurückhaltend, schüchtern, höflich und möchte anderen kein Umstände machen. Dabei vergesse er oft sich selbst, schildert Oppenheimer von der Offenen Herberge.

Malen beruhigt

Hilfe benötigt auch eine 27-jährige Klientin der Offenen Herberge. Auch sie leidet unter schweren psychischen Erkrankungen, darunter ADHS, eine Essstörung und Depression, und bezieht Arbeitslosengeld II. Die Frau kann sich nur schwer konzentrieren, ist schnell frustriert, unsicher, schüchtern und mutlos – ein Studium musste sie nach kurzer Zeit krankheitsbedingt abbrechen. Sie ist jedoch künstlerisch begabt und fertigt kleine Miniaturbilder an. Das lasse sie zur Ruhe kommen, schildert Oppenheimer von der Offenen Herberge. Doch ihre Malutensilien seien sehr abgenutzt, weshalb der Verein um Spenden für eine kleine Staffelei und ein Set neuer Pinsel bittet. Außerdem braucht sie dringend neue Winterstiefel.

Möglichkeiten, für die Weihnachtsaktion zu spenden: Kreissparkasse Esslingen, IBAN: DE38 6115 0020 0000 9020 36, BIC: ESSLDE66XXX; Baden-Württembergische Bank, IBAN: DE24 6005 0101 0008 4053 53, BIC: SOLADEST600; Volksbank Mittlerer Neckar, IBAN: DE89 6129 0120 0126 8880 00, BIC: GENODES1NUE; oder einfach online unter https://www.gut-fuer-den-landkreis-esslingen.de/projects/87122