Sebastian Jakob, Jürgen Knodel und Luis dos Santos (von links) unterstützen junge Menschen beim Weg in die Selbstständigkeit. Foto: Ines Rudel

Weihnachtsspendenaktion: Die Kirchheimer Stiftung Tragwerk greift jungen Menschen unter die Arme, wenn die Eltern dazu nicht in der Lage sind. Bei Beratung, Wohnraumsuche und Finanzhilfe sucht Tragwerk Unterstützung.

Wo bekommt man eine günstige Wohnung und reicht das Ersparte für Tisch, Bett und Kühlschrank? Oder droht womöglich die Obdachlosigkeit? Solche Fragen treiben junge Menschen um, die mit 18 Jahren auf eigenen Füßen stehen müssen, weil sie aus schwierigen Familienverhältnissen stammen. Die diakonische Stiftung Tragwerk mit Sitz in Kirchheim macht sich in ihrem Projekt Starthilfe für diese jungen Menschen stark und sucht dafür Geldgeber und ehrenamtliche Unterstützung.

Hilfe nötig für Junge Erwachsene

„Es gibt eine Gruppe in der Gesellschaft, die steht zu wenig im Fokus und dafür wollen wir sensibilisieren“, erklärt der Tragwerks-Vorstandsvorsitzende Jürgen Knodel. Immerhin verlange das Jugendhilfegesetz, dass junge Menschen, die in betreuten Wohngruppen leben, mit 18 und im Einzelfall spätestens mit 21 Jahren reif genug für ein selbstständiges Leben sind, egal, ob sie Auszubildende, Schüler oder bereits Berufsanfänger sind.

Das sei allerdings nur graue Theorie, gibt Knodel zu bedenken, denn der Anspruch auf Selbstständigkeit sei für diese jungen Erwachsenen, die aus nicht tragfähigen Verhältnissen stammten, eine große Herausforderung. Zumal die heutige Jugendphase samt der Orientierungsfragen und Entwicklungsaufgaben in unserer Gesellschaft anerkanntermaßen bis weit ins dritte Lebensjahrzehnt hineinreichten.

„Nach unserer Meinung sind junge Menschen in der Jugendhilfe gezwungen viel zu bald selbstständig zu werden“, erklärt Knodel und ergänzt, ein guter Ort und Räume, um sich zu entfalten seien dann eine kleine eigene Wohnung oder ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft, die das richtige Sprungbrett darstellten.

Der Markt an bezahlbaren Wohnungen ist im Kreis Esslingen allerdings seit geraumer Zeit wie leer gefegt. Das bekommen vor allem Menschen mit kleinem Geldbeutel zu spüren, darunter auch Azubis, Schüler und Berufsanfänger. Und weil gerade diese von Tragwerk betreuten jungen Erwachsenen auf dem Wohnungsmarkt angesichts fehlender Rücklagen und Sicherheiten meist chancenlos sind, versucht die Stiftung mit trägereigenen Wohnungen auszuhelfen oder als Garant gegenüber dem Vermieter aufzutreten, bis die jungen Menschen nach einer Bewährungsphase den Mietvertrag selbst übernehmen können.

Gute Erfahrungen habe Tragwerk übrigens in der Zusammenarbeit mit der Kreisbau Kirchheim-Plochingen gemacht, von der die Stiftung immer wieder Wohnungen angeboten bekomme. Dies alleine decke den Bedarf allerdings nicht ab, berichtet Jürgen Knodel, der von fünf bis zehn Wohnungen pro Jahr spricht, die benötigt würden.

Tragwerk hilft beim Anmieten weiter

Zu diesem Zeitpunkt fehle bei vielen dieser jungen Menschen, die beispielsweise als Azubis oder FSJler nur wenig sparen könnten, das Geld für die erste eigene Wohnungseinrichtung. Und vom Elternhaus könnten sie kaum Unterstützung erwarten, berichtet der Jugend- und Heimerzieher Luis dos Santos von Tragwerk.

Hier setzt das Tragwerkprojekt „Starthilfe“ an, mit dem die Stiftung 2025 rund 20 jungen Menschen, die voraussichtlich in die Selbstständigkeit gehen, mit insgesamt 25 000 Euro unter die Arme greifen will. Denn die finanziellen Hilfen von meist 300 bis 800 Euro, die die Ämter gewährten, reichten häufig nicht aus, sagt der Koordinator für Betreutes Jugendwohnen bei Tragwerk, Sebastian Jakob. Finanziell eng werde es vor allem, wenn zum Beispiel eine größere Investition anstehe und beispielsweise eine Küche angeschafft werden muss. Aber auch die Hilfe zur Selbsthilfe ist ein Thema, berichtet Jakob weiter. So erhalte jeder junge Erwachsene, der in eine eigene Bleibe zieht, einen Werkzeugkoffer. Wenn sich keine Wohnung oder kein Zimmer in einer Wohngemeinschaft finden lässt, müssen betroffene junge Erwachsene in eine Obdachlosenunterkunft ziehen. Dort gebe es indes keine soziale Betreuung, geben die Fachleute zu bedenken.

Auch der „kalte Schnitt“, den die Vertrauenspersonen machen müssen, die die Wohngruppen bis zum 18. Lebensjahr betreuen, macht den pädagogischen Fachkräften Sorgen. Denn Beratungsanfragen ihrer flügge gewordenen Klienten und Klientinnen können die pädagogischen Fachkräfte nicht abrechnen. Deshalb suchen Jürgen Knodel und sein Team Freiwillige, die als Paten oder Patin über die Zeit der Jugendhilfe hinaus den jungen Erwachsenen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen wollen – jemanden, der Ansprechpartner und Vertrauter ist, der begleitet und Anteil nimmt, wie es auf der Homepage von Tragwerk formuliert wird. Und diese ehrenamtlichen Mitarbeitenden würden von Tragwerk entsprechend geschult, vermittelt und begleitet.

Das Projekt die „Starthilfe“ wurde im Jahr 2020 von der Stiftung Tragwerk ins Leben gerufen. Es wird ausschließlich aus Spendenmitteln finanziert.

Informationen im Netz unter: www.stiftung-tragwerk.de