35 Stationen werden mit den beiden Kühlfahrzeugen des Esslinger Tafelladens täglich angefahren, um von dort nicht mehr benötigte Lebensmittel zu holen. Das Foto zeigt Tafelladenchef Sven Jaissle mit seiner Stellvertreterin Roswitha Marin. Foto: Roberto Bulgrin

Der Tafelladen in Esslingen braucht ein neues Kühlfahrzeug. Für die Anschaffung des 45 000 Euro teuren Transporters soll er einen Zuschuss von der EZ-Weihnachtsspendenaktion erhalten.

Esslingen - Ein prosperierender Wirtschaftsraum, der vielen ein gutes Einkommen und damit einen hohen Lebensstandard garantiert – so kennt man die Region Stuttgart. Aber es gibt auch eine andere, weniger schöne Seite: Menschen mit so niedrigen Einkünften, dass es jeden Monat vorne und hinten nicht reicht. Irgendwann landen viele von ihnen im Tafelladen der Caritas Fils-Neckar-Alb in Esslingen. Weil sie hier in der Neckarstraße mehr für ihre wenigen Euro bekommen als im normalen Discounter. „Derzeit gibt es für Carisatt 400 Kundenausweise für 1200 Personen“, berichtet Sven Jaissle, der bei der Caritas den Fachbereich Wirtschaft und Finanzen leitet. 500 davon seien Kinder. An der Gesamtzahl hat sich nach seinen Beobachtungen während der Coronakrise nicht viel verändert. Doch weiß Jaissle aus vielen Gesprächen mit Betroffenen: „Die Not ist für viele Menschen größer geworden.“ Zum Beispiel, weil das gegenüber dem Normallohn viel niedrigere Kurzarbeitergeld zwar noch für die Miete reiche, aber nicht mehr für die Dinge des täglichen Bedarfs. „Seit Beginn der Pandemie kommen neue Bedürftige zu uns, die wir vorher nicht gesehen haben“, so Jaissle.

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Längst nicht jeder, der wegen seines geringen Einkommens berechtigt wäre, im Tafelladen einzukaufen, nutzt die Chance, hier für einen symbolischen Preis zu Lebensmitteln zu kommen. „Wir erreichen nur etwa sechs bis acht Prozent der Bedürftigen“, berichtet Roswitha Marin, die stellvertretende Leiterin des Tafelladens. Manchen bleibe aber gar nichts anderes übrig, als hier regelmäßig einzukaufen.

„Manche schämen sich einfach“

Erst neulich habe sie eine Frau kennengelernt, die gerade mal 450 Euro Rente im Monat bekommt. Obwohl sie damit als arm gilt und Hilfe vom Staat bekommen könnte, verzichtet sie auf den Gang zum Sozialamt. Mit der Begründung, dass sie ihr ganzes Leben lang ohne staatliche Unterstützung ausgekommen sei und diese auch im Alter nicht einfordern wolle. „Manche schämen sich einfach“, weiß Marin.

Seit 1998 betreibt die Caritas die Tafel in Esslingen. Hinter deren Betrieb steckt ein hoher logistischer Aufwand. Denn jeden Tag müssen örtliche Bäckereien, Wochenmärkte, Discounter und Lebensmittelhersteller abgeklappert werden, um von dort Waren zu bekommen, die aus dem Handel genommen werden, beispielsweise weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Zwei hauptamtliche Kräfte, acht ehrenamtliche Helfer und ein Ein-Euro-Jobber teilen sich diese Dienste. Zwei Kleintransporter sind dafür im Einsatz. Es handelt sich um Kühlfahrzeuge, mit denen gewährleistet wird, dass die Kühlkette verderblicher Lebensmittel beim Transport nicht unterbrochen wird. Einer der Transporter macht seit längerer Zeit Probleme. „Im vergangenen Jahr hatte das Auto einen Motorschaden“, berichtet Roswitha Marin. Seither träten an dem acht Jahre alten Kühlfahrzeug immer wieder neue Schäden auf. Kein Wunder bei dieser Beanspruchung: Jede Tagestour mit ihren rund 35 verschiedenen Stationen umfasst um die 100 Kilometer. Die Reparaturkosten sind mittlerweile so hoch, dass sich ein Weiterbetrieb des Transporters wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Deswegen muss bald ein Ersatzfahrzeug her. 45 000 Euro seien dafür inklusive des Kühlaggregats notwendig, sagt Jaissle. Eine hohe Summe, die der Tafelladen nicht aufbringen kann. „Wir können nicht kostendeckend arbeiten“, sagt der Caritas-Mitarbeiter. Die Preise im Laden seien bewusst niedrig gehalten, damit eine echte Entlastung der Kunden ermöglicht wird. Daher sei man auf Spenden angewiesen. Aus der Pfandspendenaktion des Discounters Lidl wird voraussichtlich ein Zuschuss von 10 000 Euro fließen. Ein Teil der noch bestehenden Kostenlücke soll über die Weihnachtsspendenaktion der Eßlinger Zeitung gefüllt werden. Für die vom Verein „Gemeinsam helfen“ in Aussicht gestellte Unterstützung ist Sven Jaissle sehr dankbar. Die Investition helfe jeden Tag, wirklich Bedürftigen besser über die Runden zu kommen.