Sascha vom TVN/FCE-United (links) zieht auf der Außenbahn davon. Zum Schluss hatte Caritas Stuttgart aber dennoch knapp die Nase vorn. Foto:  

Einen Einstand nach Maß feierte Katharina aus Ruit für ihren TVN/FCE-United feiern. Im Einlagespiel vor dem EZ-Pokal-Finale unterlag das Inklusionsteam gegen Caritas Stuttgart dennoch mit 2:3. Aber das war am Ende gar nicht so wichtig, weil der Spaß am Kicken der Maßstab ist.

Esslingen - Hätte Sahmed kurz vor dem Schlusspfiff den Ball in die Maschen gedroschen, wäre noch ein Unentschieden herausgesprungen. Die Kugel flog aber knapp am Kasten vorbei – und so blieb es zwischen dem TVN/FCE-United und Caritas Stuttgart beim knappen 3:2-Erfolg der Gäste. „Hätte“ und „wäre“ zählte aber auch im Einlagespiel des EZ-Pokals nicht, wobei dem Publikum während der Partie gleich in mehrfacher Hinsicht deutlich wurde, dass Fußballspielen auch mal ganz anders sein kann, als man es gemeinhin kennt.

Es gibt Zweikämpfe und Laufduelle, Torhüterparaden und Lattenkracher. Es gibt auch mal ein Foul, aber das ist dem Gegner dann eher peinlich. Männer und Frauen kicken gemeinsam, die Abseitsregel existiert nicht, Auswechslungen werden fliegend vorgenommen, angestammte Positionen gibt es so gut wie keine. Zudem werden die Akteure in den Aufstellungen und bei Torerfolgen ausschließlich mit ihren Vornamen angesprochen. Überhaupt steht das kooperative Spielen klar im Vordergrund, erst recht wenn, wie es beim Inklusionsprojekt des TV Nellingen und des FC Esslingen der Fall ist, behinderte und nicht behinderte Menschen gemeinsam auf dem Platz stehen.

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Da wird nach einem Solo eher zum Mitspieler quer gelegt und nicht der eigene Abschluss gesucht. Mitsch vom TVN/FCE-United war sein Anschlusstreffer zum 2:3 deshalb auch ein wenig unangenehm. Mit seinem gehandicapten Nachbarssohn Julius war er in den Sportpark Weil gekommen, um das Team aktiv zu unterstützen. Und ausgerechnet ihm nahm er das Leder gewissermaßen vom Schlappen. „Das halbe Tor gehört deshalb Julius, er hätte das Ding auch reingemacht“, sagte Mitsch später.

So ist der Spaß am Kicken der Maßstab, der alle vereint, die auf dem Feld stehen. Wobei es am Ende aber natürlich trotzdem um den Sieg geht. Viele Zuschauer waren jedenfalls sichtlich erstaunt und geizten keineswegs mit Applaus oder anderen Beifallsbekundungen, da sich die Leistungen der Mannschaften durchaus sehen lassen konnten. Den größten Jubel von der Tribüne gab es, als Katharina aus Ruit für den TVN/FCE-United zum 1:1 traf. Sie war am vergangenen Montag zum ersten Mal im Training, absolvierte demnach auch ihr erstes Spiel und schoss – logischerweise – ihr erstes Tor.

Vor drei Jahren ging’s los

Hoch zufrieden verfolgte von seinem Rollstuhl aus Martin Wegener die Begegnung. Er hatte vor gut drei Jahren den Anstoß zum United-Projekt gegeben. „Ich habe damals im Scharnhauser Park gewohnt, den oft leeren Fußballplatz gesehen und mir gedacht, dass es toll wäre, wenn dort jemand spielt, am besten eine Inklusionsmannschaft“, erklärt Wegener. In Martin Hägele, dem Sportvorstand des FC Esslingen, fand er schnell einen Verbündeten und zugleich passte die Idee perfekt zu einem gerade anlaufenden Projekt der Stadt Ostfildern.

Im TV Nellingen war rasch der nächste Partner gefunden und der TVN/FCE-United geboren. „Wir haben ausgelotet, was möglich ist und sind im vierwöchigen Übungsturnus gestartet“, erinnern sich Hägele und Wegener. Jetzt wird alle 14 Tage trainiert, unter Leitung von Yannick Strobel und Giuseppe Civetta. Für die beiden TVN-Fußballer ist dies eine Herzensangelegenheit: „Wir können mit einer kleinen Geste viel ermöglichen und bekommen noch mehr zurück“, sagt Civetta. Zudem lerne man eine Menge, ergänzt Strobel. „Und manchmal könnten sich andere, was Pünktlichkeit und Disziplin angeht, von unseren Schützlingen etwas abschneiden“, fügt er hinzu.

Das sehen Wegener und Hägele im übrigen genauso: „Da hat sich eine tolle Gruppe entwickelt, bei der jeder mitmachen kann“, bilanziert Hägele. Wegener spricht von einer „Idealvorstellung, die ich ursprünglich gehabt habe“. Dass es jetzt wirklich so gut laufe, sei für ihn deshalb eine „echter Traum“. Diesen teilen Katharina, Sahmet, Sascha und die anderen Uniteds mit ihm – auch wenn jetzt erst einmal die Sommerpause ansteht.

Der WLSB fördert das Gemeinschaftsprojekt

Partner
 Neben dem FC Esslingen, dem TV Nellingen und der Stadt Ostfildern unterstützt auch der Württembergische Landessportbund aus seinem Fördertopf „Inklusion durch Sport“ das Projekt TVN/FCE-United. Zudem hat die Firma Uhlsport zum Einlagespiel im Sportpark Weil einen neuen Trikotsatz springen lassen.

Mitmachen
Die Inklusionsmannschaft besteht aus jungen und älteren, behinderten und nicht behinderten Menschen. Mitmachen kann jeder. Trainiert wird 14-tägig auf dem Nellinger Kunstrasenplatz. Weitere Informationen gibt es bei Tobias Schramek vom TVN unter 0711/340 153 115.