Frl. Wommy Wonder, Erich Koslowski, das Duo Phantasma mit Michael Stülpnagel und Johannes Weigle (hinten von links) sowie das Gesangs-Duo Buddy & Ela zeigten in der dritten Show der Reihe „Kultur.Gut!“ die ganze Vielfalt der Kultur. Foto: Ines Rudel

Wenn das Publikum in Corona-Zeiten nicht zum Publikum kommen kann, dann kommt das Publikum eben zu den Künstlern. In der dritte Show der EZ-Kulturwoche im Netz präsentierte Frl. Wommy Wonder den Kabarettisten Erich Koslowski, das Duo Phantasma, die Sänger Buddy & Ela und die Jazzer Uli Gutscher und Werner Acker.

Esslingen - Kultur ist immer wieder neu und überraschend – und sie kann ungeheuer vielseitig sein. Das beweist die EZ-Kulturwoche „Kultur.Gut!“. Fünf Abende lang präsentiert der Travestiekünstler Frl. Wommy Wonder via Internet Künstlerinnen und Künstler unterschiedlichster Couleur – frei nach dem Motto: „Wenn das Publikum in Corona-Zeiten nicht zur Kultur kommen kann, dann kommt die Kultur eben zum Publikum.“ Am Wochenende war das Internet noch etwas überfordert, doch die Übertragung der dritten Show lief reibungslos. 429 Zuschauer erlebten einen gelungenen Abend mit dem Galgenstrick Erich Koslowski, dem musikalisch-literarischen Duo Phantasma, dem Gesangs-Duo Buddy & Ela sowie den Jazzern Werner Acker und Uli Gutscher. Und was die Organisatoren der EZ-Kulturwoche im Netz besonders freut: Wenn schon live nicht applaudiert werden kann, dann ist der Beifall für die Künstlerinnen und Künstler in sozialen Netzwerken umso größer.

Das Bestmögliche daraus machen

Die Eßlinger Zeitung, der Verein Live-Musik und das Jugendhaus Komma haben „Kultur.Gut!“ mit Unterstützung der EZ-Weihnachtsspendenaktion auf den Weg gebracht, um Künstlerinnen und Künstlern wie dem Galgenstrick Erich Koslowski eine Bühne zu bieten. Der schlüpfte in die Klamotten seines Pöbel-Opas, der ungeniert über die Irrungen und Wirrungen der modernen Welt herzieht. Und ganz egal, ob er dem Tübinger OB Boris Palmer eine überbrät oder über das Dasein in Corona-Zeiten lamentiert – er trifft den Nagel auf den Kopf. Und entdeckt im scheinbar Alltäglichen wie einer Fahrt mit dem ICE immer das Besondere: Einfach herrlich, wie man über viel zu kleine Gepäckabteile, uneinsichtige Kartenkontrolleure und die Abgründe des Tarif-Dschungels spötteln kann. Nur eines macht dem versierten Kabarettisten zu schaffen, wie er im munteren Dialog mit Frl. Wommy verriet: „Ohne das Feedback des Publikums ist es gar nicht so einfach, zu spielen.“ Dabei liefern Zeiten wie diese dem Satiriker jede Menge Stoff. „Doch was nützt es, wenn man Themen für ein Dutzend neuer Programme hätte und sie nicht aufführen darf?“, fragte sich Gastgeberin Wommy, die dem Abend nicht nur wegen des güldenen Glitzerfummels ein Glanzlicht bescherte.

Man kann über die schlechten Zeiten klagen, man kann aber auch versuchen, das Bestmögliche daraus zu machen. So wie Buddy & Ela. Das Esslinger Gesangs-Duo mit dem Hang zum Schwäbischen ist viel im Netz unterwegs, um wenigstens auf digitalen Wegen nah beim Publikum zu sein. Und sie servierten ihren Fans in der „Kultur.Gut!“-Show ein paar locker-leichte Appetithäppchen, die einfach nur Freude machten. Buddy & Ela lieben es, eigene Texte zu bekannten Melodien zu schreiben – mal erzählen sie vom Ärger einer Ehefrau über den Göttergatten, der zur Couch-Potato mutiert ist, ein andermal leidet man mit, wenn frau das vermeintlich einmalige Kleid plötzlich auch an ihrer Freundin entdeckt ...

„Legende vom Ozeanpianisten“

Wer an Kultur in Esslingen denkt, der denkt an Michael Stülpnagel, Johannes Weigle und ihr Duo Phantasma. Die beiden machten dem „Kultur.Gut!“-Publikum mit einigen Ausschnitten aus ihrer musikalisch-literarischen Erfolgsproduktion „Novecento“ Lust auf mehr. Weigle und Stülpnagel gelingt es, mit ihrer Interpretation von Alessandro Bariccos „Legende vom Ozeanpianisten“ atmosphärisch dichte Bilder in die Gedanken ihres Publikums zu zaubern. Und man kann sich der Faszination jener Geschichte eines jungen Mannes, der einst auf einem Ozeanriesen geboren wurde und nach 27 Jahren auf dem Meer zum ersten Mal Land betritt, nur schwerlich entziehen. Jener Ozeanpianist hat immer nur in der Begrenztheit eines Luxus-Dampfers gelebt, doch in der Musik hat er grenzenlose Freiheit gespürt. „Das macht diese Geschichte für uns, die wir in Corona-Zeiten auch mit Einschränkungen leben müssen und in der Kultur Freiheit spüren können, so zeitlos reizvoll“, findet Stülpnagel.

Bestens aufeinander eingespielt sind der Posaunist Uli Gutscher und Gitarrist Werner Acker. Als „Duo Conceptions“ zeigten sie auf der Bühne im Komma ihr vielseitiges Spektrum. Als Dozenten an der Musikhochschule Stuttgart haben beide viele Berührungspunkte. Gemeinsam haben sie auch in vielen Bandprojekten mitgewirkt. Die ungewöhnliche Besetzung von Posaune und Gitarre ist das Markenzeichen des Duos. Mit Eigenkompositionen, Jazz, Gospel und Soul loteten sie nicht nur die Möglichkeiten ihrer Instrumente aus. Ihre lustvollen Improvisationen zeigen die innovative Kraft der beiden Altmeister. Deutlich eingefärbt von Pop und Rock, strotzte ihr Spiel vor Kraft. Auch vor der Kamera klappten ihre musikalischen Grenzgänge wunderbar.

In der „Kultur.Gut!“-Show sind am Mittwoch, 16. Dezember, ab 19.30 Uhr Babs Steinbock und Olaf Nägele, der Kabarettist Thomas Schreckenberger, Musical-Sänger Sascha Diener und die Jazzer Edgar Müller-Lechermann und Christoph Berner zu erleben. Unter live.es-tv.de gibt es die digitale Eintrittskarte zum symbolischen Preis von einem Euro.