Das Böse ist immer und überall, auch im Internet. Wie man sich schützen kann, zeigt Profi-Hacker Erwin Markowsky. Foto: /Kerstin Dannath

Bei einem Vortrag von Profi-Hacker Erwin Markowsky erleben Schüler in Ostfildern live, wie einfach es ist, im weltweiten Netz an ihre sensiblen Daten und Informationen zu kommen.

Ohne Internet und Smartphone läuft in unserer Gesellschaft so gut wie nichts. Vor allen Dingen Kinder und Jugendliche haben keinerlei Berührungsängste mit den „Neuen Medien“ – erst recht seit der Pandemie mit Online-Unterricht und Home-Schooling. Vielen Nutzern mag zwar bekannt sein, welche Risiken das mit sich bringen kann, doch wie einfach es tatsächlich ist, ein beliebiges Handy zu hacken, ist den meisten doch nicht klar.

„75 Prozent aller Eltern stellen Kinderbilder ins Netz“

Genau hier setzt die Initiative „SpardaSurfSafe“ von der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg an – so demonstrierte der Profi-Hacker Erwin Markowsky rund 2700 Ostfilderner und Stuttgarter Schülern im Kubino in Ostfildern-Nellingen, wie leicht sie selbst zu Opfern von Cyberkriminellen werden können.

Direkt zum Einstieg ging Markowsky auf Chancen und Risiken von künstlicher Intelligenz (KI) ein. Sehr anschaulich wurde demonstriert, wie aus einem von einer KI bearbeiteten Kinderfoto, ein Bild einer erwachsenen Frau werden kann. „Laut einer aktuellen Studie stellen 75 Prozent aller Eltern Kinderbilder ins Netz“, warnte der Hacker. Den meisten sei aber nicht klar, welche Auswirkungen das habe, denn das Netz vergisst niemals: „So ein digitaler Fußabdruck verfolgt euch für den Rest eures Lebens.“ Gerade solche Bilder könnten von Kriminellen – etwa als Passfoto - genutzt werden. Oder der unschuldige dreijährige Nackedei am Ostseestrand – geht gar nicht, findet Markowsky: „So ein Bild landet ganz schnell bei irgendwelchen Pädophilen. Es gibt viele kranke Irre da draußen.“ Der Hacker forderte das Plenum auf, auch die Eltern zu sensibilisieren: „Ihr habt ein Recht auf eure digitale Privatsphäre.“ Große Gefahr gehe auch von den sozialen Medien wie Instagram, Snapchat und Tiktok aus. Poste man hier Bilder oder kleine Filmchen, sogenannte „Reels“, also kurze Videos, die man mit seiner Community teilt, gebe man gleichzeitig seine Rechte an diesen Bildern oder Videos ab. „Der deutsche Datenschutz wird hier ausgehebelt – denn Anbieter wie Snapchat oder Tiktok kommen nicht aus Deutschland“, erklärte Markowsky. In der Vergangenheit habe beispielsweise Tiktok mehrfach Reels veröffentlicht, die eigentlich nicht für die Allgemeinheit bestimmt gewesen seien.

Auch die Fälle von gezielter Manipulation Minderjähriger, dem sogenannten „Cyber-Grooming“, steigen seit Jahren. „Da werden Kinder zwischen acht und neun Jahren zu Treffen aufgefordert“, so Markowsky. Wie leicht das geht, demonstrierte er am Handy einer Besucherin, in das er sich in Nullkommanichts einloggte und eine Nachricht in ihrem Chatverlauf postete. Jedes Handy sei wie ein offenes Buch, sobald man sich in ein öffentlich zugängliches WLAN-Netz einlogge. Nur ein paar Klicks und alle konnten auf der Leinwand sehen, wer über welche WLAN-Verbindungen, zum Teil mit dazugehörigen IP-Adressen, welche Seiten aufgerufen hat. Über die IP-Adresse ist es für einen Profi wie Markowsky nur eine Fingerübung, sich direkt ins Handy einzuloggen und Nachrichten zu verschicken. Der Rat des Sicherheitsexperten: Beim Verlassen der Wohnung die WLAN-Funktion des Smartphones ausschalten und auf mobile Datenverbindungen mit Hilfe einer VPN-App zurückgreifen. Ein weiterer Tipp: „Überlegt euch genau, wen ihr zu Hause in euer eigenes WLAN reinlasst.“ Auch hier kämen Profis leicht an sensible Daten: „Und dabei geht es dann etwa um die Bankverbindung eurer Eltern.“

Passwörter sollten lang und komplex sein

Ein anderes wichtiges Thema durfte nicht fehlen: Die Sicherheit der Passwörter. Anhand von Beispielen zeigte Markowsky, wie schnell Passwörter geknackt werden können. Gerade mal 0,009 Sekunden benötigte er, um eine zehnstellige Zahl zu knacken, ein 14-stelliges Kennwort bestehend aus Zahlen, Wörtern und Sonderzeichen wurde in 23 Minuten geknackt. „Das entsprechende Programm ist für gerade mal 200 US-Dollar zu haben“, verdeutlichte er. Passwörter sollten lang und komplex sein und niemals ganze Wörter enthalten, so die Empfehlung. Auch wie leicht E-Mails manipuliert werden können oder eine Webcam gekapert werden kann, erstaunte die Schüler. In Sachen Webcam gibt es für Markowsky nur eines: „Klebt die Kamera einfach ab.“

Viele Dinge in Markowskys Vortrag sorgten für Aha-Erlebnisse im Kubino. „Dass man Handys so einfach knacken kann, hätte ich nicht gedacht“, gab etwa Joann vom Ostfilderner Heinrich-Heine-Gymnasium zu. Der 17-Jährige hat sich nun zumindest vorgenommen, beim einloggen in fremde WLAN-Netze vorsichtiger zu sein: „Da werde ich künftig besser aufpassen.“

Bewusstsein schaffen für digitale Sicherheit

Hacker
Erwin Markowsky ist 56 Jahre alt und kommt aus München, seine Hacker-Fähigkeiten hat er sich selbst beigebracht. „Das war einfach Learning-by-Doing und hat damit angefangen, dass ich früher alte Computer repariert habe.“ Die Mission des Profi-Hackers: „Ich will die Menschen sensibilisieren.“ Sein Traum: „Dass wir für die Kampagne öffentliche Gelder bekommen und nicht nur auf Stiftungsgelder zurückgreifen müssen. In Sachen digitale Sicherheit gibt es großen Nachholbedarf.“ Und das gehe jeden etwas an.

Initiative
Die Aktion „SpardaSurfSafe“ von der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg gibt es seit 15 Jahren. Pro Jahr werden über die Vorträge allein in Baden-Württemberg rund 35 000 Menschen erreicht. In Ostfildern gastierte die Aktion nun zum ersten Mal, angedacht ist ein Rhythmus von zwei, drei Jahren, um auch die nachfolgenden Generationen zu sensibilisieren.