Christian Gentner spielt für Union Berlin und trug davor das Trikot des VfB Stuttgart. Foto: dpa/Andreas Gora

Christian Gentner ist einer von 14 Teilnehmern des neuen Lehrgangs „Management im Profifußball“ – und der einzige noch aktive Spieler. Er erklärt, warum ein „klassisches Sportmanagement-Studium“ für das Milliardenbusiness seiner Meinung nach nicht ausreicht.

Frankfurt/Main - Irgendwann will wohl auch Christian Gentner Trikot und Stutzen gegen Anzug und Krawatte tauschen. „Der Fußball war immer Mittelpunkt meines Lebens und wird es auch bleiben“, sagt der Mittelfeldspieler des 1. FC Union Berlin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Er wolle dem Fußball definitiv „später in anderer Funktion erhalten bleiben“. Wo und welche das sein und ob der Weg vom Rasen in die Geschäftsstelle einmal nahtlos erfolgen wird, ist offen. Der 409-malige Bundesliga-Spieler denkt auch noch nicht ans Karriereende, sehr wohl aber schon an die Zeit danach.

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Gentner ist einer von 14 Teilnehmern des neuen Lehrgangs „Management im Profifußball“, der am Montag startet. Der vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) ins Leben gerufene Kurs soll künftige Sportverantwortliche in den Clubs der oberen drei Ligen auf ihre bevorstehenden Aufgaben vorbereiten. Er erstreckt sich über eineinhalb Jahre, umfasst neben 19 Präsenztagen auch mehrere Online-Phasen und ist in drei Hauptbereiche gegliedert: Bundesliga-Know-how, sportliches Know-how und Management-Know-how. Themen wie Sportrecht, Lizenzierung, Scouting, Kaderplanung und Leadership stehen auf dem Lehrplan.

Auch Kießling, Schäfer und Riether dabei

Auch die Ex-Nationalspieler Stefan Kießling, Marcel Schäfer und Sascha Riether machen mit, Gentner ist der einzige noch aktive Profi. „Ich bin kein Student, der nebenher Fußball spielt, sondern andersrum“, stellt der 35-Jährige klar. Er sehe „dieses Pilotprojekt“ aber als „riesige Chance“. Der Zeitpunkt sei „günstig, weil meine Familie in Stuttgart geblieben ist und ich mich außerhalb meiner Arbeit bei Union dann gut in die vielen neuen Themen einlesen kann“. Themen, die er bislang nur gestreift hat. „Du kannst dich als Spieler noch so für Dinge wie Sportrecht oder Finanzen interessieren, den ganz tiefen Einblick hast du nicht“, sagt Gentner. „Es ist wichtig, die Vereinssicht kennenzulernen, um die Dinge besser zu verstehen.“

Fredi Bobic, seit 2016 Sportvorstand bei Eintracht Frankfurt, hat sie sich nach einer Hospitanz bei der DFL nach und nach selbst angeeignet. Auch Michael Zorc wechselte 1998 ohne die ganz großen wirtschaftlichen Vorkenntnisse ins Management von Borussia Dortmund. Jochen Saier, der seit 2013 die Geschicke des SC Freiburg leitet, hat Sportökonomie studiert. Oliver Kahn, designierter Vorstandsboss des FC Bayern München, machte einen Masterabschluss in „General Management“. Die Wege in die Chefetagen der Clubs waren und sind bislang also sehr unterschiedlich. Doch das Geschäft ist über die Jahre zum Milliardenbusiness gewachsen - und mit ihm die Anforderungen an seine aktuellen und künftigen Entscheidungsträger.

„Das Profifußball wird immer komplexer“

„Ich glaube, dass ein klassisches Sportmanagement-Studium nicht das hergibt, was es speziell im Profifußball braucht. Der wird immer komplexer“, sagt Gentner. Die Funktionäre haben immer höhere Summen und immer mehr Personal zu verantworten. „Die Verantwortung und der öffentliche Druck sind enorm“, sagt Gentner. „Das Geschäft hat viele Spielregeln, die du als Außenstehender nicht kennst.“ Und bei denen es „nicht damit getan ist, dass ich ein breites Adressbuch oder eine bestimmte Anzahl an Länderspielen habe“, wie DFL-Boss Christian Seifert bei der Vorstellung des neuen Lehrgangs im März betonte.

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Auf dem Platz schon eine Führungskraft

Das Zertifikat, das die Absolventen im April 2022 erhalten, sei natürlich keine Verpflichtung, um im Profifußball auf Managementebene zu arbeiten, erklärte DFB-Direktor Oliver Bierhoff, aber es soll „ein Qualitätssiegel sein“. Weshalb dem Lehrgang auch ein strenges Auswahlverfahren vorausging. „Ich musste mich vorher noch nie richtig bewerben“, erzählt Gentner. „Jetzt brauchte ich einen Lebenslauf, ein Motivationsschreiben. Da habe ich mir auch Ratschläge von meiner Frau geholt.“ Die Bescheinigung, dass er als Führungskraft geeignet ist, stellte ihm Unions Geschäftsführer Oliver Ruhnert aus.

Auf dem Platz war und ist Gentner eine solche schon immer gewesen - beim VfB Stuttgart, beim VfL Wolfsburg und nun in Berlin. Sie irgendwann auch abseits des Rasens zu werden, will der Routinier ab Montag lernen.