Bahar Kizil (l.) zu Gast beim Wirtshaus-Talk in Steinenbronn Foto: /Stefanie Schlecht

Bahar Kizil hat einst die Castingshow Popstars gewonnen und gehörte anschließend zur Girlgroup Monrose – das ist lange her. Nun tritt sie solo auf. Beim Wirtshaustalk in Steinenbronn erzählt sie, wie es ihr während und nach ihrer spannenden Karriere erging.

Sie war ganz oben, an der Spitze der Hitparaden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Nun sitzt sie an einem Wirtshaustisch in Steinenbronn und plaudert, erzählt von den großen Zeiten und davon, was danach kam. Bahar Kizil gehörte zu Monrose, der Girlgroup, die 2006 aus der Castingshow „Popstars“ hervorging. Vier Jahre lang dauerte der Höhenflug von Bahar Kizil, Mandy Capristo und Senna Gammour. Am 25. November 2010 war Schluss – die Fans im Steinenbronner Löwen wissen es noch genau.

Drei junge Frauen hatten beschlossen, nun eigene Wege zu gehen. Bahar Kizil holte Abitur und Studium nach, spielte Theater und Musical, veröffentliche viele Singles und nun auch, neun Jahre nach ihrem Solo-Debüt, ein neues Album. Sie lebt in Freiburg und fuhr am Dienstag zweieinhalb Stunden, um beim Wirtshaustalk im Steinenbronner Löwen mit Claudia Wandrey zu plaudern, Moderatorin beim Sender BigFM. Beim Sender waren auch Monrose einst zu Gast, und das ist unvergessen: Hans Blomberg, damals noch Moderator, bezeichnete die Sängerinnen als „Vorstadtschlampen“.

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„Da hatte er sich die Falschen ausgesucht“, erinnert sich Bahar Kizil. „Senna lässt sich so etwas nicht gefallen. Mich hat es überrascht, dass sie kein Schimpfwort gebraucht hat. Sie hat sich sehr erwachsen verhalten, uns bei der Hand genommen und aus dem Studio geführt.“

Bahar Kizil war 18, als das erste Monrose-Album „Temptation“ erschien; sie wurde 36 Jahre alt am 5. Oktober 2024. Sie wirkt entspannt, strahlt Zuversicht aus, scheint die wilden Jahre nicht zu vermissen. „Ich bin super dankbar für das, was ich erlebt habe“, sagt sie. „Ohne es wäre ich heute nicht da, wo ich bin, und könnte nicht machen, was ich mache. Manchmal frage ich mich aber schon, was passiert wäre, wenn ich diesen Weg nicht gegangen wäre.“

Als Mitglied einer Casting-Group, abgeschirmt von der Welt, unter einem Management, das alles in der Hand hielt, vermisste sie doch manches: „Wir mussten nicht kreativ sein, wir mussten einfach nur gut sein. Das Feuer und die Liebe für die Bühne hatte ich in der letzten Zeit mit Monrose verloren.“

Soziale Medien waren noch für alle Neuland

All das ist nun zu ihr zurückgekehrt. Bahar Kizil hat vor Jahren begonnen, ihre Songs auf Deutsch zu schreiben, im Team mit erfahrenen Songwritern – bei Monrose machten das andere. Der Erfolg hat ihr Leben verändert, war auch eine Schule für sie. Was würde sie anders machen aus heutiger Sicht? „Ich würde mehr Kontra geben und auch für mich selbst einstehen“, sagt sie auf Claudia Wandreys Frage.

Wie sich insbesondere die Welt der Medien verändert hat, seit der Zeit mit Monrose – das wird an diesem Abend mehrmals klar. Vor 18 Jahren spielten soziale Medien kaum eine Rolle. „Heute kehrst du dein Innerstes nach außen und die Leute finden das toll, weil du so nahbar bist. Damals hat man nur mitgeteilt, was wirklich relevant war.“

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Zur Casting-Show wurde Bahar Kizil von ihrer Gesangslehrerin geschickt, mit Mutter und Onkel fuhr sie nach Stuttgart. Den Erfolg empfand sie als surreal, manchmal auch als Überforderung. Ihr neues Album hat sie „Dino“ genannt – nach einem guten Freund, der vor kurzer Zeit verstarb. Er war jemand, der ihr Halt gab, als Monrose sich auflösten. Mit Mandy Capristo und Senna Gammour unterhält sie keinen Kontakt mehr: „Wir hatten uns einander ja auch nicht herausgesucht, man hatte uns zusammengewürfelt.“

Abseits der Bühne ging es eher diszipliniert zu bei Monrose, erfahren ihre Fans. „Wir hatten viel mehr Geld und wir haben es schön ausgegeben. Unser Leben war nicht lifestylig, aber teuer. Aber wir gaben keine Partys. Wir waren sehr zurückhaltend und professionell. Wir konnten es uns nicht leisten, am nächsten Tag irgendwo verkatert aufzutauchen.“

Vor ihren Auftritten, erzählt Bahar Kizil, habe sie gebetet. Heute tut sie das seltener, im Steinenbronner Löwen aber doch, ehe das Essen kommt. Obschon sie als Türkin geboren wurde, spielte Religion in ihrem Elternhaus keine große Rolle. „Das Beten gibt mir Ruhe und Kraft“, sagt sie. „Ich finde den Gedanken schön, dass es eine höhere Macht gibt, aber ich gründe nicht mein Leben darauf. Ich glaube, dass Menschen über viele Wege zu bestimmten Punkten gelangen.“

Bahar Kizil ist nun unterwegs als One-Woman-Show, möchte nicht mehr mit einem Manager arbeiten. Sechs Stunden in der Woche steht sie als Verkäuferin in einer Freiburger Bäckerei und genießt es. „Like a Lady“ ist ihr Lieblingsvideo von Monrose; Geschenke von Fans wurden sämtlich aufgegessen, sofern es sich bei ihnen um Schokolade handelte. Von Steinenbronn hatte Bahar Kizil nie gehört, ehe sie dorthin fuhr; viel sah sie nicht vom Ort am Dienstag, aber es gefiel ihr. Zuletzt singt sie zwei Lieder: „They said“ und „Sternschnuppen“: Da steht der Star mit Mikro in der Wirtsstube.

Zu Zeiten von Monrose war Bahar Kizil mit einem Choreographen der Gruppe liiert, machte es aber nicht öffentlich. Seit dem Ende der Girlgroup ist sie Single. Viele Beziehungen in ihrem Umfeld empfindet sie als toxisch. „Auch meine Eltern haben keine sehr gesunde Beziehung. Ich wusste schon sehr früh, was ich nicht haben möchte in meinem Leben. Der Mann an meiner Seite müsste vieles mitbringen und dürfte vieles nicht sein.“ Dass auch Frauen schwierig sein können, gibt Bahar Kizil gerne zu – und bekommt dafür Applaus von den wenigen Männern, die am Dienstag in den Löwen gekommen sind.