Der frühere Fußball-Nationaltorwart muss wegen seinen Aktionen mit der Kettensäge und im Parkhaus 135 000 Euro bezahlen. Eine Entschuldigung geht ihm nicht über die Lippen.
An diesem Vormittag im Münchner Landgericht sagt Jens Lehmann einfach gar nichts, er nickt nur auf entsprechende Fragen des Richters Christoph Oberhauser. Ansonsten lässt der frühere Fußball-Nationaltorwart seinen Anwalt sprechen, den Münchner Star-Verteidiger Florian Ufer. Dieses Verhalten nützt Lehmann: In der Berufungsverhandlung gegen ihn wegen Sachbeschädigung, versuchten Betrugs und Beleidigung wird er zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu 900 Euro verurteilt, insgesamt 135 000 Euro. Die vorherige Instanz, das Amtsgericht Starnberg, hatte ihm noch 420 000 Euro aufgebrummt. Beim Tagessatz von 900 zu vorher 2000 Euro wurde unter anderem berücksichtigt, dass der 54-Jährige für seine Frau und ein noch daheim wohnendes Kind aufkommt.
Vorangegangen war, wie der Richter erläutert, ein Deal, der juristisch als „Verständigung“ bezeichnet wird: Lehmann hatte seine Berufung gegen die Sachbeschädigung und den versuchten Betrug fallengelassen, die Taten also sozusagen zugegeben. Die Beleidigung von zwei Polizisten wurde aus der Anklage gestrichen, da diese nicht außerordentlich schwerwiegend gewesen seien. Lehmann, das Gericht und die Staatsanwaltschaft einigten sich auf eine Strafe zwischen 130 und 170 Tagessätzen à 900 Euro. Damit ging alles ganz schnell im großen Sitzungssaal A 101, nach gut zwei Stunden inklusive längerer Pausen war das Urteil gesprochen und der Fall Lehmann diesbezüglich beendet.
Lehmann schweigt und entschuldigt sich nicht
Der frühere Profifußballer war angeklagt, in seinem Heimatort Berg am Starnberger See bei seinem Nachbarn, einem 92-jährigen Architekten, mit einer Kettensäge einen Holzbalken des Garagenaufbaus abgesägt zu haben. Der Aufbau soll Lehmanns Blick auf den See eingeschränkt haben. Weiter soll er die Parkgesellschaft am Münchner Flughafen zwei Mal geprellt haben, indem er mit seinem schwarzen Porsche ohne zu zahlen aus dem Parkhaus gefahren ist. Sein Trick: Er hatte auf ein ausfahrendes Auto gewartet, sich dran gehängt und sei „Stoßstange an Stoßstange“, so die Anklage, mit durch die offene Schranke gesaust.
Der damalige Staatsanwalt Stefan Kreutzer hatte Lehmann als „hochgradig verhaltensauffällig“ bezeichnet und ihm eine „hohe kriminelle Energie“ bescheinigt. Nun wurde ihm entlastend angerechnet, dass er die Berufung zurückgenommen hat, dies „steht einem Geständnis gleich“, so Richter Oberhauser. Ein solches war aus dem Munde Lehmanns aber auch diesmal nicht zu hören.
Am Ende verlässt Lehmann wortlos den Saal
Man kann sich gut vorstellen, dass der ausgefuchste Strafverteidiger Ufer den einstigen Kicker ziemlich bearbeitet hat und ihm zwingende Auflagen für sein Verhalten im Gerichtssaal gegeben haben muss. Lehmann – groß, schlaksig, leicht vornübergebeugt – betrat den Gerichtssaal, ohne jemanden anzuschauen. Er setzte sich, sein Blick ging nach oben in die Leere. Am Ende verließ er genauso wortlos den Saal. Welch ein Kontrast ist das zu seinem aggressiven, provozierenden und gleichzeitig wehleidigen Auftreten beim ersten Verfahren kurz vor Weihnachten 2023.
Damals hatte der Ex-Nationalspieler beklagt, dass es angeblich gar nicht darum gehe, „Recht herzustellen“. Sich zum Opfer stilisierend hatte er gefragt: „Was ist schlimmer: Mord oder Rufmord?“ Alle wollten ihm Böses, schwang da mit, obwohl er unschuldig sei. Anwalt Ufer setzte in München alles daran, das Positive an Lehmanns Verhalten herauszuarbeiten. Dieser habe „Verantwortung übernommen“ und zeige „auch Einsicht“. Mit dem Nachbarn habe er sich außergerichtlich geeinigt, es gebe eine „umfassende Vereinbarung“. Auch habe der Nachbar seine Schadensersatzklage gegen Lehmann zurückgezogen. Die Flughafen-Parkgebühren - 159 Euro beim einen, 96 Euro beim anderen Mal – habe er auch nachgezahlt.
Betrunken vom Oktoberfest: Führerschein weg
Staatsanwalt Kreutzer, der wie beim ersten Prozess die Anklage vertritt, sah das alles bei weitem nicht so positiv. Kreutzer merkte an, Lehmann habe „nie Reue gezeigt und sich nicht entschuldigt“, auch nicht bei dem Nachbarn. Vielmehr glaube der Ex-Fußballer, „über dem Gesetz zu stehen“. Dem folgte ein Seitenhieb: „Auch die jüngsten Ereignisse geben diesen Eindruck wieder.“
Diese Aussage bezog sich darauf, dass Lehmann erst diese Woche – in der Nacht zum Montag – offenbar massiv alkoholisiert von der Polizei in seinem Auto angehalten wurde und den Führerschein abgeben musste. Nach einem Oktoberfestbesuch waren laut Staatsanwaltschaft „auffälliges Fahrverhalten“ sowie „deutlicher Alkoholgeruch und ein unsicherer Gang“ bemerkt worden. Ein Atem-Alkoholtest kam nicht zustande, das Ergebnis der Blutuntersuchung steht noch aus.
Das jetzige Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Lehmann kann Revision einlegen. Dies dürfte aber nicht erfolgen, verteilte sein Anwalt Ufer doch direkt nach Prozessende ein Statement, dass die Gerichtsentscheidung „ein sehr gutes Ergebnis“ sei.