Zwar sinkt die Inflation im Euroraum, doch die schwache Wirtschaft macht der Notenbank Sorgen. Auch der Nahostkonflikt und wichtige Wahlen beunruhigen die EZB. Zu Zinssenkungen hält sie sich bedeckt.
Frankfurt/Main - Die Europäische Zentralbank (EZB) betrachtet die schwache Konjunktur in der Eurozone mit Sorge und fürchtet zugleich geopolitische Risiken. Was das Wachstum angehe, habe man keine guten Nachrichten, sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos in einem Interview mit der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, das auf der Webseite der Notenbank veröffentlicht wurde.
"Wir sehen, dass sich die Abwärtsrisiken, die wir identifiziert haben, herauskristallisieren, hauptsächlich, weil der Konsum sich nicht so erholt wie erwartet", sagte de Guindos. Obwohl die Löhne stiegen, steigerten die Haushalte nicht ihre Ausgaben.
Auswirkungen von Nahostkonflikt und Wahlen
Zudem bestünden weiter geopolitische Risiken, die die Notenbank nicht beeinflussen könne, sagte der EZB-Vize. Zum Beispiel habe der Nahostkonflikt Auswirkungen auf die Energiepreise und "anstehende Wahlen" könnten Folgen für den internationalen Handel, das weltweite Wachstum und die Inflation haben. "Das ist ein Grund, warum wir bei unseren Entscheidungen sehr vorsichtig sein müssen."
Auf Leitzinssenkungen, die viele Investoren beim nächsten Entscheid der EZB im Dezember erwarten, wollte sich de Guindos nicht festlegen.
Die EZB hatte erst Mitte Oktober den richtungsweisenden Einlagenzinssatz um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent gesenkt. Die Inflation im Euroraum sank im September deutlich auf 1,7 Prozent, während die Sorgen über die Konjunktur im Euroraum wuchsen. Die EZB erwartet dieses Jahr nur ein Mini-Wachstum von 0,8 Prozent, jüngst trübten sich Konjunkturindikatoren ein. Außerdem wirkt die schwache Wirtschaft in Deutschland als Bremsklotz.
Gute Nachrichten gebe es hingegen bei der Inflation, sagte de Guindos. Die EZB sei zuversichtlich, dass sie ihr Inflationsziel von mittelfristig zwei Prozent im Jahresverlauf 2025 erreiche.